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zahl der wocheAuf der Suche nach neuen AKW-Standorten

Vorarbeiten für Stoibers Wahlsieg

Atomkraftwerk gefällig? Diese Frage stellte sich letzte Woche für viele Bürgermeister. Eine „Deutsche Gesellschaft zur Information über Kernenergie“ (DGK) – nach eigenen Angaben „ein Verein engagierter Bürger und Techniker, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, die deutsche Bevölkerung über das Potenzial der Kernenergie fachkundig zu informieren“ – fragte an, ob es in der Kommune einen geeigneten Standort für ein Atomkraftwerk gebe. Hintergrund seien die Pläne von CDU/CSU und FDP, nach einem Wahlsieg 70 neue Atommeiler zu bauen. Man wolle die Machbarkeit dieses Vorhabens überprüfen.

Der energiepolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, Kurt-Dieter Grill, ist über das Schreiben empört. Zwar räumte er auf Anfrage ein, dass in der Enquetekommission des Bundestags zur Zukunft der Energieversorgung unter seinem Vorsitz auf Wunsch von Union und FDP auch ein Szenario berechnet worden sei, das den Bau von 70 neuen Atomreaktoren vorsehe. Dabei handele sich jedoch um theoretische Überlegungen. Grill geht davon aus, dass es sich bei der Umfrage um eine „krasse Fälschung“ handelt. Der Verein sei nirgends bekannt, und Recherchen seiner Partei hätten ergeben, dass er unter der angegebenen Adresse nicht anzutreffen sei. Er vermutet die Urheber im Bereich von Atomkraftgegnern, sagte er gegenüber der Hessischen Allgemeinen. In einem Schreiben an die kommunalen Spitzenverbände erläutert er die mutmaßliche Fälschung und rückt sie in die Nähe der Sozialdemokraten: „Derart falsche Behauptungen werden insbesondere von der SPD bewusst aufgestellt, um mit der Angst der Bevölkerung zu spielen“, schreibt Grill.

Die DGK wies diese Vermutungen zurück. Johannes Gresser, nach eigenen Angaben Vorstandsmitglied, erklärte telefonisch, die Initiative sei neu und noch nicht als Verein eingetragen. Nach seinen Angaben haben bisher rund 150 Kommunen auf die Umfrage geantwortet – mit großer Mehrheit ablehnend bis empört. Die Initiatoren können also zufrieden sein – zumindest wenn sie tatsächlich Atomkraftgegner sind.

MALTE KREUTZFELDT

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