piwik no script img

Demo für Rot-Grün? „Nicht mit uns!“

Rund 40.000 Teilnehmer kamen zum bundesweiten Aktionstag „Her mit dem schönen Leben – eine andere Welt ist möglich“ des globalisierungskritischen Netzwerks Attac und der Gewerkschaftsjugend. Veranstalter lehnten Kooperation mit Grünen ab

aus Köln SEBASTIAN SEDLMAYR

Mehrere zehntausend Menschen haben am Samstag in Köln einen grundlegenden Politikwechsel gefordert. Zu der bundesweiten Aktion mit dem Motto „Her mit dem schönen Leben – eine andere Welt ist möglich“ hatten das globalisierungskritische Netzwerk Attac und die Jugendorganisatoren von fünf Gewerkschaften aufgerufen, unterstützt von Erwerbsloseninitiativen, Friedensgruppen und weiteren Organisationen. Die Veranstalter zählten rund 40.00 zum großen Teil jugendliche Demonstranten, die gegen die Politik ihrer Repräsentanten in Bundestag und Bundesregierung protestierten.

Bei dieser letzten Großdemonstration für mehr soziale Gerechtigkeit vor der Bundestagswahl mussten SPD und Grüne auf der Zuschauerbank Platz nehmen. Ein Angebot des Bundesvorstandes der Grünen zur Kooperation hatten die Veranstalter abgelehnt. Die SPD hatte sich gar nicht erst angeboten.

Zur rot-grünen Steuerreform sagte Attac-Sprecherin Astrid Kraus: „Wenn das für linke Politik gehalten wird, können wir nur sagen: Tut uns Leid, nicht mit uns!“ Die Organisatoren betonten jedoch, dass sie sich so kurz vor der Wahl nicht für oder gegen eine Partei aussprechen wollten. Sie gehen davon aus, dass grundlegender politischer Wandel nur durch den Druck von sozialen Bewegungen zu Stande komme.

So liefen der grüne Bundestagsabgeordnete Christian Ströbele und weitere Politiker am Samstag wie alle anderen im Demonstrationszug vom Zentrum Kölns in den Stadtteil Müngersdorf zur Schlusskundgebung.

Eine „Mischung aus Spaß und Politik“ war versprochen worden. Die elf Stunden lange Veranstaltung wurde dann vor allem durch Aktionen der Gewerkschaftsjugendlichen aufgelockert: Als „Freibeuter“ verkleidete Junggewerkschafter enterten ein mit „Wirtschaftsbossen“ besetztes Schiff, ein 100 Meter breites Transparent mit dem Motto des Aktionstages „Her mit dem schönen Leben – Eine andere Welt ist möglich!“ wurde auf der Hohenzollernbrücke in der Innenstadt entrollt. Zum Abschluss spielten am Abend Musikgruppen wie Samy de Luxe, Such a Surge und Reamonn. Nach Angaben der Polizei verlief die Deonstartion friedlich.

Die bunten Aktionen der neuen außerparlamentarischen Opposition transportierten ernste Forderungen an die nächste Bundesregierung: Kein Krieg gegen den Irak, keine Einschnitte bei der Arbeitslosenhilfe, keine vom Einkommen abhängige Gesundheitsversorgung, ein Berufsbildungsgesetz, eine gesetzliche Umlagefinanzierung, keine Zustimmung zu einem multilateralen Handels- und Dienstleistungsabkommen, das die reichen Länder und Gesellschaftsschichten begünstigt.

Frank Werneke, Bundesvorstandsmitglied der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di, zeigte sich zufrieden. Auf keiner Gewerkschaftsveranstaltung der vergangenen Jahre seien so viele Jugendliche auf die Straße gegangen wie am Samstag in Köln, freute er sich. Das sei ein Zeichen dafür, dass die Jugend „alles andere als politikverdrossen“ sei.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen