: flüchtige wahlhelfer
Die Deserteure
Als die ganze Republik darauf brannte, das Ergebnis zu erfahren, gingen sie nach Hause: Fünf Wahlvorstände und etwa 20 weitere Helfer im hessischen Kassel hatten wohl keine Lust mehr, Stimmen auszuzählen, und verabschiedeten sich. Einige entschuldigten sich mit Kopfweh. „Manche sind, ohne Gründe zu nennen, einfach gegangen“, sagte Hans-Jürgen Schweinsberg, Sprecher der Stadt. Um bis zum frühen Morgen noch ein Endergebnis für Hessen und Deutschland zu ermitteln, ließ der Wahlleiter das Resultat für Kassel hochrechnen, als nur noch 2.000 Stimmen fehlten.
Die Helfer waren zur Auszählung der Briefwahlstimmen eingeteilt. Bereits bei ihrer Rekrutierung gab es Probleme: Einige Tage vor der Wahl und auch noch am Sonntag hatten 140 Angefragte mitgeteilt, sie stünden nicht zur Verfügung. Eigentlich ist jeder Bundesbürger verpflichtet, auf Aufforderung bei Wahlen zu helfen – für ein Sitzungsgeld von 5 bis 16 Euro. Wer wegbleibt, muss einen triftigen Grund wie Urlaub oder Krankheit haben. Dieses Schicksal erfasste nun seltsamerweise über 100 Leute auf einmal. So mussten die Helfer zwei statt normalerweise einen Wahlbezirk auszählen. Das schien sie so zu ärgern, dass sie ihre Arbeit nicht zu Ende machen wollten. „Wir prüfen, ob es für die Betreffenden Konsequenzen haben wird“, sagte Rathaussprecher Schweinsberg. NIK
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen