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Ein Ball mit Gucklöchern drin

Nur mit einer platten Ausstellung über Fußball und fairen Handel zu informieren, war dem Fan-Projekt von Werder Bremen auf die Dauer zu langweilig. Jetzt ist eine runde Form gefunden worden

Ausstellungen mit Fotos und Text sind dröge. So kam die Idee zum Globus-Fußball.

Im Neustädter Supermarkt an der Gastfeldstraße könnte heute die eine oder andere Einkäuferin nach dem Bezahlen noch einen Moment erstaunt inne halten: Ein überdimensionaler Fußball aus Styrodur steht seit gestern neben der Kasse wie ein Globus auf einem Sockel und verlangt nach Aufmerksamkeit.

Die Kugel ist auf Augenhöhe montiert, hat einen Durchmesser von rund einem Meter und ist mit zehn kleinen Gucklöchern versehen, die die EinkäuferInnen neugierig auf das Innere werden lassen. Was dieses kleine Kunstwerk in einem Lebensmittel-Geschäft zu suchen hat, erschließt sich frühestens auf den zweiten Blick: In den Gucklöchern sieht man Dias über die Fußballherstellung in Pakistan – Fußbälle in jedem Stadium, Jugendliche, die in Handarbeit Fußbälle nähen. Und auch Statistiken: Pakistan ist eine Fußballhochburg, in der drei Viertel der jährlich etwa vier Millionen produzierten schwarz-weißen Bälle genäht werden – dank der niedrigen Stundenlöhne vor allem von Kindern und Jugendlichen.

Die Verbindung von Kinderarbeit in Pakistan zum Supermarkt in der Neustadt erklärt sich über den Tisch gleich neben der Kasse: An dem Fair-Handels-Probier-Stand bekommen EinkäuferInnen in dieser Woche Schokolade zu schmecken, oder, wenn sie Zeit haben, einen Cappucino zu schlürfen – alles so gehandelt, dass die Erzeuger einen Lohn für ihre Produkte erhalten, von dem sie auch leben können. Das soll auch für die Fußball-NäherInnen gelten, wofür die Faire Woche Bremen noch bis Sonntag wirbt. Zwar gibt es „Fair Trade“-Produkte in diesem Laden schon länger, aber in dieser Woche sollen sie besonders ins Bewußtsein gerückt werden.

Holger Hesborski, Fachmann auf dem Gebiet „Das große Geschäft mit dem Sport“, ist zusammen mit Thomas Haffke vom Fan-Projekt bei Werder Bremen der „Erfinder“ des Ausstellungsballs. Im Rahmen der „Fair play – fair pay“-Kampagne im Sommer hatte Hesborski Jugendlichen im Fan-Projekt vorgeführt, wie ein Fußball entsteht, und festgestellt, dass die Zwölf- bis Vierzehnjährigen sich durchaus für soziale Aspekte des Sports und eben auch für die Produktion von Sportartikeln interessieren. Den Anstoß zum Riesenfußball haben die Jugendlichen gegeben: „Nur ’ne Ausstellung mit Bildern und Text ist ’n bisschen dröge“, hatte Hesborski zu hören bekommen. Also suchte er nach spannenderen Formen zur Wissensvermittlung. Umgesetzt hat Matthias Otterstedt vom Schlachthof die Idee der beiden. Nach drei Wochen Konstruktions- und Bauzeit war der Ausstellungsfußball fertig, pünktlich zum Auftakt der Fairen Woche Bremen auf dem Öko-Markt im Viertel. Prompt haben zwei Lehrerinnen Hesborski angesprochen, ob sie den Ball ausleihen können, um ihren Unterricht anschaulicher zu machen. Genau dazu ist das gute Stück gedacht. Damit eines Tages in Schulen und Vereinen nur noch mit fair hergestellten und gehandelten Bällen gestürmt wird.

Ulrike Bendrat

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