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Sag beim Jawort leise servus

Schon vor dem Gang zum Standesamt können Verfügungen für die Zeit nach der Ehe getroffen werden. Ein Ehevertrag macht’s möglich. Anderenfalls muss der besser gestellte Partner den finanziellen Zugewinn an den weniger begüterten auszahlen

Am Hochzeitstag denkt eigentlich kaum jemand an Scheidung. Zunächst soll ja mal richtig zusammen gelebt, geliebt und höchstens ein ganz kleines bisschen gelitten werden. Wird das Leiden später allerdings unerträglich, trennen sich viele Paare schneller als vermutet. Immerhin jede dritte Ehe, in Großstädten ist es gar jede zweite, wird heutzutage in Deutschland geschieden. Dann kommt zum kläglich zerronnenen Traum vom Liebesglück oft noch der bittere Nachgeschmack in Form von Streitigkeiten um Hab und Gut und Kinder.

Nicht nur um sich für den Fall einer misslungenen Ehe vor dem etwa damit gleichzeitig eintretenden finanziellen Ruin zu schützen, schließen Paare einen Ehevertrag. Doch ganz besonders bei erheblichen Vermögensunterschieden zwischen den Ehepartnern schleicht sich im Falle einer Scheidung leicht die eine oder andere Ungerechtigkeit ein, auch – oder vielleicht gerade dann –, wenn alles nach Recht und Gesetz geregelt werden soll.

Ohne Ehevertrag nämlich gilt der gesetzliche Güterstand der so genannten Zugewinngemeinschaft. Das heißt: Die Vermögen beider Gatten sind und bleiben getrennt – ebenso wie vor der Ehe. Jeder kann nach Gutdünken über seinen Besitz verfügen, darf allerdings nicht sein Gesamtvermögen veräußern und auch keine Haushaltsgegenstände. Dazu bedarf es der Zustimmung des Gatten. Kommt es zu einer Scheidung, wird immer ermittelt, wie hoch das jeweilige Anfangsvermögen sowie das Endvermögen beider Partner war. Die Differenz daraus ist dann der Zugewinn, der während der Ehe erzielt worden ist.

Hat nun ein Partner während der Ehe einen höheren Überschuss erwirtschaftet als der andere, muss der besser gestellte die Hälfte der Differenz als Zugewinnausgleich an den weniger begüterten Partner zahlen. Aus diesem Grund sollte man übrigens generell das zu Beginn einer Ehe vorhandene Anfangsvermögen feststellen und – ganz wichtig – auch belegen, etwa durch entsprechende Kontoauszüge. Die Höhe des Anfangsvermögens entscheidet über die Höhe des Zugewinns, mithin über die Höhe der Ausgleichszahlungen an den ehemaligen Gatten.

Steckt nun der erwirtschaftete Zugewinn eines Ehepartners beispielsweise in einem Unternehmen, kann es schlimmstenfalls durchaus nötig werden, dieses zu zerschlagen, damit man den anderen Partner auszahlen kann. Wer das vermeiden will, kann mit einem rechtsverbindlichen Ehevertrag andere Regelungen treffen.

So lassen sich – anders als beim gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft – auch Gütertrennung oder Gütergemeinschaft vereinbaren. Darüber hinaus lassen sich sachgerechte Änderungen des gesetzlichen Güterstandes festschreiben. Bei Gütertrennung kann während der Ehe jeder Partner weiterhin uneingeschränkt über sein Vermögen verfügen. Nach der Ehe gibt es keinen Vermögensausgleich. Bei Gütergemeinschaft wird das gesamte Vermögen der Ehepartner gemeinschaftliches Eigentum, über das sie auch nur gemeinsam verfügen können. Auch für Verbindlichkeiten haften beide gemeinsam.

Eheverträge können vor oder während der Ehe geschlossen werden. Zu ihrer Gültigkeit bedürfen sie einer notariellen Beglaubigung. Da die Inhalte solcher Verträge meist sehr komplex sind, empfiehlt es sich, einen erfahrenen Fachanwalt mit dem Aufsetzen des Vertrages zu beauftragen oder ihn zumindest als sachkundigen Berater hinzuzuziehen.

Sind beide Ehepartner mit dem Entwurf des Vertrages in allen Punkten einverstanden, wird er vom Notar beglaubigt. Der Notar hat die Pflicht, die Vor- und Nachteile jeder gewünschten Vereinbarung für beide Vertragspartner zu prüfen und jedem im Detail zu erläutern.

Sowohl die Beratung durch einen Anwalt als auch die Beglaubigung durch den Notar sind kostenpflichtig. Die Höhe der Kosten ergibt sich in der Regel aus dem Gegenstandswert des Vertrages, mithin aus der Höhe des vorhandenen Vermögens, über das die Vereinbarungen getroffen werden sollen.

Der Vermögensstand ist jedoch nicht das Einzige, was im Ehevertrag geregelt werden kann. Daneben können Vereinbarungen über Unterhaltsansprüche und über den Versorgungsausgleich geschlossen werden. Für Ehepartner kann die Höhe von Trennungs- und nachehelichem Unterhalt festgeschrieben werden, wobei auch ein vollständiger Unterhaltsverzicht möglich ist.

Es ist jedoch nicht zulässig, Regelungen über den Unterhalt für die Zeit während der Ehe zu treffen, ebenso unzulässig sind Vereinbarungen über den Kindesunterhalt. Möglich ist allerdings, etwa eine Ausbildungsvorsorge für das Kind, welches ein Partner mit in die Ehe gebracht hat, zu vereinbaren. Auch Umgangsrechte für gemeinsame Kinder lassen sich auf diese Weise vertraglich regeln.

Während das Gesetz vorsieht, dass bei einer Scheidung die Rentenanwartschaften beider Ehepartner gegeneinander aufgerechnet werden, lässt sich im Ehevertrag auch eine andere Lösung vereinbaren. So ließe sich dann vermeiden, dass ein Partner dem anderen einen Teil seiner Rente überlassen muss. Regelungen über den Versorgungsausgleich müssen allerdings vom Familiengericht genehmigt werden.

Wird heute vor allem die Vermögens- und Unterhaltssituation der Eheleute für den Fall einer Scheidung in einem Ehevertrag festgeschrieben, fanden unsere Großeltern auch Strategien zur Erhaltung der Institution wichtig. So heißt es in einem Vertrag von 1949 unter anderem: „Bei Unstimmigkeiten ist jeder Teil verpflichtet, nach 24 Stunden der Bitte des anderen Teils um Schlichtung und Verzeihung nachzukommen, soweit keine Ehescheidungsgründe vorliegen.“ Was Letzteres bedeutet, wurde allerdings nicht näher bezeichnet. KATHARINA JABRANE

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