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Schlecht und billig: Essen in Deutschland

Die Lebensmittelkontrolle lässt zu wünschen übrig. Dem soll ein neuer internationaler Standard Abhilfe schaffen

HAMBURG taz ■ Über Sicherheit auf Flughäfen wird derzeit viel geredet, über Sicherheit auf unseren Tellern kaum. Nach kurzen Schocks etwa durch BSE- oder Nitrofenskandal schläft die Debatte wieder ein, unterstützt durch die Gewissheit, dass die Ursachen eigentlich aus dem Ausland stammen. Eine trügerische Gewissheit: „Dass made in Germany bessere Qualität als in allen anderen Ländern verspricht, von dieser Arroganz müssen wir wegkommen“, sagt Heino Fangmann, Projektleiter Audits des Lebensmittelprüfers Fresenius in Taunusstein.

Tatsächlich gibt es noch immer etliche Lebensmittelhersteller, die bis heute kein ordentliches Konzept zur Gefahrenanalyse und Kontrolle eingeführt haben. Nur so sei zu erklären, dass etwa ein Betrieb dabei erwischt werden konnte, Fisch bei 16 Grad Celsius zu verarbeiten, so Fangmann. Dabei sei die Risikoanalyse durch die Lebensmittelhygiene-Verordnung von 1997 de facto vorgeschrieben. Mit dieser Laxheit soll bald Schluss sein: Am Donnerstag gab die Global Food Safety Initiative (GFSI) – ein im April 2000 gegründeter Zusammenschluss internationaler Einzelhändler – grünes Licht für den neuen Internationalen Lebensmittelstandard IFS. Für die Produzenten wird künftig ein einziges Audit gemäß IFS genügen. Bisher ließen manche bis zu 10 verschiedene Audits pro Jahr über sich ergehen – ein regelrechter „Audit-Tourismus“, so Jürgen Matern von Metro, der den Standard ausgearbeitet hat.

Nur: „Wer jetzt noch kein sicheres Kontrollkonzept hat, wird vor dem Standard nicht bestehen“, ist sich Fresenius-Experte Fangmann sicher. Das aber, schätzt er, betreffe die Hälfte der kleineren Lebensmittelhersteller mit weniger als 100 Angestellten. Viele von ihnen dürften ein ernstes Problem bekommen, wenn ihnen Handelsketten nun IFS-Audits abverlangen.

Da diese inzwischen rund ein Fünftel ihrer Produkte unter eigenem Label vermarkten, gelten sie ebenfalls als Hersteller und unterliegen damit einer Produkthaftung von bis zu 80 Millionen Euro. Allerdings sind es gerade die großen Handelsketten gewesen, die bislang ihren Preiskampf an die Hersteller weitergaben und diese zu kostengünstigster Produktion zwangen.

„Deutschland gilt als Billigmarkt“, sagt Eric Runkel, Geschäftsführer der Technolog Scan Systems GmbH aus Elz. Das Unternehmen hat gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut in Erlangen hochauflösende Röntgenscanner zur Fremdkörperkontrolle in Lebensmitteln entwickelt. „Wir bekommen ständig Anfragen von Herstellern, die nach England exportieren und ihre Produkte noch einmal auf die dort verlangte Qualität prüfen lassen wollen.“

Die kann etwa, was Glas- oder Knochensplitter und winzige Steine betrifft, mit handelsüblichen Metalldetektoren nicht sichergestellt werden. Solche Verunreinigungen können jedoch teuer werden: Erst Ende August wurde eine Fastfood-Kette in München zu Schadenersatz verurteilt, weil ein Knochensplitter im Burger den Zahn eines Gastes gesprengt hatte. Der musste durch ein Implantat ersetzt werden.

Hier bleibt die GFSI-Vorgabe hinter dem Stand der Technik zurück, wenn sie nur Metalldetektoren vorschreibt. Bislang halten Kosten von 120.000 Euro und mehr die meisten Lebensmittelhersteller noch davon ab, auf moderne Röntgenscanner umzusteigen. Auch fürchten viele die Strahlung – zu Unrecht, sagt Scanner-Experte Peter Schmitt vom Erlanger Fraunhofer-Institut. Die Röntgendosis liege um den Faktor 4.000 unter dem deutschen Grenzwert von 0,1 Sievert und sei auf keinen Fall mit der Bestrahlung zur Haltbarmachung von Lebensmitteln zu verwechseln. NIELS BOEING

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