: Messer in der weichen Butter
Thomas Ebermann und Rainer Trampert spielen am Sonntag ihr neues Programm „Sachzwang und Gemüt“. Zu hören ist Bewährtes. Als Buch gibt es das Ganze auch noch
von PETER AHRENS
Wer beim Wort „Gemüt“ jetzt an Hamlet denkt, liegt falsch. Parallelen zwischen dem dänischen Prinzen und Thomas Ebermann zu suchen, wäre sicher reizvoll, wird hier aber nicht weiter verfolgt. Thomas Ebermann und Rainer Trampert sind natürlich bekannt als Gemütsmenschen, aber um nicht in der Kuschelecke zu landen, haben sie ihrem neuen Programm das Wort vom Sachzwang hinzugesellt. Sachzwang und Gemüt demnach – zwischen diesen zwei Polen ordnen die beiden Jürgen Trittin und Richard Wagner ein, Siegfried und Papageno, Bismarck und Olli Kahn. Nachzuhören am Abend des Sonntag bei der Premiere in Alma Hoppes Lustspielhaus, nachzulesen im Buch gleichen Namens, frisch erschienen im Konkret Literatur Verlag.
Überraschungen sind nicht zu befürchten. Ebermann und Trampert bleiben ihrer Linie treu. Genau das hat sie schließlich nicht in Regierungsämter, sondern auf die Kabarett-Bühne geführt. Auch im neuen Programm wird die Waage zwischen sachter Komik (Ebermann) und Analyse (Trampert) gehalten. Der kluge Kopf Trampert, dem das humorvolle Auftreten jedoch zuweilen ein bisschen abhanden kommt, wird wieder durch die Politik gehen wie das Messer durch die weiche Butter. Ebermann, gemessen in Gestalt und Vortrag, ist der Bühnenmensch der beiden. Bei Trampert wird zugehört, bei Ebermann dürfen auch politisch Durchgeschulte mal lachen – soll im Lustspielhaus ja auch erlaubt sein.
Die Lieblingsfeinde bleiben auch im Jahr 2002 dieselben, Fischer etc. All jene, die in der Reuse des Sachzwangs zappeln und dafür endlich die ganz große Bühne bespielen dürfen. Trittin und Fischer halten sich nicht bei Alma Hoppe auf, die sind durchgestartet zur Uno-Vollversammlung nach New York oder zum Klima-Mega-Gipfel nach Johannesburg. Obwohl das auch nicht mehr so etwas Tolles ist, wenn selbst so ein No-Name wie Hamburgs Umweltsenator Rehaag dort inzwischen hinfliegen darf.
Über 300 Seiten ätzende Radikalkritik für 19,90 Euro: Wer Sachzwang und Gemüt am Stück durchliest, weiß anschließend immerhin alles, was die Welt zusammenhält: Flick, Edzard Reuter, George Dabbeljuh, Bayreuth, das Öl und die UCK – alle Schurkereien dieser Erde zwischen zwei Buchdeckel gepresst, und die entsprechende Orientierung bekommt man auch gleich mitgeliefert. Da bleibt keine Frage offen, von welchem Werk kann das sonst noch behauptet werden?
Sonntag, 20 Uhr, Alma Hoppes Lustspielhaus, Kartentel. 48 66 55
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