Gemeinsam gegen Faschismus

Die ost- und westdeutschen Naziopfer- und Antifaschistenverbände haben sich vereinigt. Damit folgt die organisatorische der längst geschehenen inhaltlichen Übereinstimmung

BERLIN taz ■ Unter dem Motto „Gemeinsam gegen Rassismus und Faschismus“ haben sich gestern in Berlin die westdeutsche „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten“ (VVN-BdA) und der ostdeutsche „Verband ehemaliger Teilnehmer am antifaschistischen Widerstand, Verfolgter des Naziregimes und Hinterbliebener“ (VVdN) zu einem Verband vereinigt. Dieser übernimmt den Namen der westdeutschen Vorgängerorganisation

„Mit unseren 11.000 Mitglieder sind wir nun die größte antifaschistische Organisation“, soCornelia Kerth, Bundessprecherin des neuen VVN-BdA, „in der auch die meisten noch lebenden antifaschistischen Widerstandskämpfer und Opfer des Nationalsozialismus vereint sind“.

Vor der gemeinsamen Abstimmung auf dem ersten Bundeskongress der neuen Vereinigung diskutierten die Delegierten zunächst auf getrennten Konferenzen den Verschmelzungsvertrag. Immer wieder tauschten sich die 200 Teilnehmer auf den Fluren aus. „Habt ihr dem Paragrafen zugestimmt“, fragt ein älterer Widerstandskämpfer aus dem Osten eine jüngere Antifaschistin aus dem Westen: „Ja.“ Beruhigt geht er in den Saal zurück.

„Ich hoffte auf eine schnelle Verschmelzung nach 1989“, sagt Peter Gingold. „Schließlich sind wir inhaltlich schon längst wieder verschmolzen.“ Die unterschiedlichen Entwicklungen der letzten Jahrzehnte, so der Widerstandskämpfer, der 1947 bei der Gründung der VVN in Frankfurt mitwirkte, ließen eine zügigere Vereinigung jedoch nicht zu. In der BRD galt das antifaschistische Engagement der VVN als „linksradikal“ und in der DDR als obsolet. Während im Westen 1962 ein Verbotsantrag der Bundesregierung wegen Verfassungsfeindlichkeit daran scheiterte, dass einer der Richter ein belasteteter Nazi war, verfügte die DDR-Regierung 1953 die Auflösung, da die „politische Aufgabe“ der VVN erledigt sei, und gründete das „Komitee der Antifaschistischen Widerstandskämpfer“. Nach dessen Auflösung entstand 1990 die VVdN.

Bis heute steht die alte VVN-BdA unter Beobachtung der Verfassungschutzämter, da sie u. a. eine orthodox-kommunistische Faschismusanalyse vertreten würde. Dem widerspricht Kerth. „Wir sehen keinen Automatismus, aber verschließen nicht die Augen vor den gesellschaftlichen Ursachen von Rassismus und Faschismus.“ Auch die neue VVN-BdA würde die Regierung an den antifaschistischen Charakter des Grundgesetzes erinnern. ANDREAS SPEITH