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Großoffensive in der Elfenbeinküste

Regierung von Präsident Gbagbo lässt westafrikanische Vermittler auflaufen und startet Offensive gegen Rebellen. Die Unterzeichnung eines Waffenstillstands platzt, die Vermittler reisen ab und bezichtigen Gbagbo der Lüge

BERLIN taz ■ Die Regierung der Elfenbeinküste sucht die militärische Lösung gegen die Rebellen, die die Nordhälfte des Landes kontrollieren. Statt am Wochenende mit der Rebellenbewegung MPCI (Patriotische Bewegung der Elfenbeinküste) einen Waffenstillstand zu unterzeichnen, wie von den internationalen Vermittlern vorgesehen, schickte sie am Sonntag ihre Truppen zum Angriff gegen die größte von den Rebellen gehaltene Stadt Bouaké im Zentrum des Landes. Gestern wurde am Ostrand der Stadt heftig gekämpft. Nach Angaben der Rebellen, die von den in der Stadt präsenten französischen Militärs bestätigt wurden, zog sich eine Vorhut der Regierungstruppen schließlich wieder zurück, um nicht eingekesselt zu werden.

Dabei war noch am Samstag ein Waffenstillstandsabkommen zwischen den beiden Kriegsparteien unterschriftsreif gewesen. Es fehlte nur noch die schriftliche Bestätigung der Regierung, dass Oberstleutnant Philippe Mangou seine Unterschrift für die Regierung neben die des MPCI-Sprechers Tuo Fozié setzen dürfte. Einen ganzen Tag lang wartete die Kontaktgruppe der westafrikanischen Regionalorganisation Ecowas (Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft), die den Waffenstillstand ausgehandelt hatte, in der Hauptstadt Yamoussoukro auf dieses Schriftstück. Als nichts kam, fuhren die Diplomaten zurück nach Abidjan und redeten mit Staatspräsident Laurent Gbagbo – um sich eine Abfuhr abzuholen. Noch am Abend brachen sie ihre Vermittlungsreise verärgert ab und verließen das Land.

Es habe „nicht das geringste Zeichen guten Willens“ gegeben, sagte gegenüber AFP einer der beteiligten Außenminister und erklärte, das Treffen mit Gbagbo sei „sehr schlecht gelaufen“. Der ivorische Präsident habe gegenüber der Kontaktgruppe „gelogen“. Zuvor hatte der Präsident seine Verweigerung eines Waffenstillstands damit begründet, dass dies den Beschlüssen des Ecowas-Sondergipfels vom 29. September in Ghana zur Krise in der Elfenbeinküste, auf dem die Einrichtung der Kontaktgruppe beschlossen worden war, zuwiderlaufe. Die Ecowas-Minister sagten aber, es sei auf dem Gipfel sehr wohl von einem Waffenstillstand die Rede gewesen.

„Wir kamen mit den besten Intentionen“, resümierte Ghanas Verteidigungsminister Kwame Ado Kufuor zum Abschluss der gescheiterten Reise. „Ab jetzt ist es das Problem der Elfenbeinküste.“

Wie die ivorische Regierung das „Problem“ lösen will, machte das Staatsfernsehen noch am Sonntagabend deutlich. Man müsse einfach 500.000 in der Elfenbeinküste lebende Einwanderer aus Burkina Faso aus dem Land hinauswerfen, fand der Sender.

Angesichts der Eskalation rief Frankreich, dessen Truppen vor allem die Hauptstadt Yamoussoukro vor einem Rebelleneinmarsch schützen, Gbagbo dazu auf, das Waffenstillstandsabkommen doch noch zu unterschreiben. „Es gibt keine militärisch Lösung der Krise“, kommentierte Außenminister Dominique de Villiers die Offensive der Regierungstruppen. Die Ecowas-Vermittlung sei „effizient“ gewesen, die jetzige Lage mache ihn „besorgt“. DOMINIC JOHNSON

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