50 Milliarden für Strom

Pünktlich zu den Koalitionsverhandlungen zum Thema Energie meldet sich ein neuer Lobbyverband zu Wort: ein Bündnis der größten Stromerzeuger und -verteiler

BERLIN taz ■ Die Stromwirtschaft organisiert sich neu – diesmal allerdings nicht unternehmerisch, sondern ihre Lobby. Verband der Verbundunternehmen und Regionalen Energieversorger in Deutschland e. V. (VKE) heißt ein neues Gremium, das ab sofort der Politik auf die Füße treten wird. „85 Prozent aller deutschen Kraftwerkskapazitäten sind in diesem Verband gebündelt“, sagt Klaus Rauscher, der Präsident des VKE und hauptberuflich Vorstandschef des drittgrößten Stromkonzerns, der deutsch-schwedischen Vattenfall. Praktisch bedeutet das: Von E.on bis EnBW, von Avacon bis Envia – mit Ausnahme der kommunalen Stadtwerke und der alternativen Strombranche sind nahezu alle Energieerzeuger und -verteiler Mitglied.

Entsprechend selbstbewusst tritt Rauscher an: „Wir wollen als kompetenter Partner der Politik dafür sorgen, Rahmenbedingungen für einen ausgewogenen Energiemarkt in Deutschland zu schaffen.“ Derzeit nämlich sei das „magische Dreieck der Stromwirtschaft“ – Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit, Umweltverträglichkeit – „nicht mehr im Gleichgewicht“. Pünktlich zu den Koalitionsverhandlungen präsentiert die Stromwirtschaft deshalb ihre Forderungen. Ganz oben auf der Agenda: das rot-grüne Energiewirtschaftsgesetz. Das war kurz vor der Wahl im Bundestag gescheitert. „Wir brauchen dieses Gesetz für den Wettbewerb“, sagt Rauscher. Erst dieses nämlich mache die Verbändevereinbarungen rechtsverbindlich.

Die erneuerbaren Energien fördern? „Wir sagen: Dem Grunde nach ja, aber das muss effizient und wettberwerbsorientiert geschehen und die Folgekosten berücksichtigen.“ Der starke Ausbau der Windkraft etwa mache einen erheblichen Netzausbau notwendig. Planungssicherheit, fordert der neue Verband von der Politik: 60 Prozent der deutschen Kraftwerksleistungen müssen zwischen 2010 und 2025 durch neue Anlagen ersetzt werden, ein Investitionsbedarf von über 50 Milliarden Euro. „Wir können diese Summen in den Gremien unserer Unternehmen nur dann plausibel darstellen, wenn die Politik langfristige Rahmen und damit Planungssicherheit gewährleistet“, so Rauscher. Das heißt für die Konzerne: Keine weitere Anhebung der Ökosteuer über das beschlossene Maß hinaus. Aber: „Wir stehen zum Atomkonsens.“

„Die Politik soll Ziele formulieren, aber bitte schön uns überlassen, wie wir diese Ziele umsetzen“, sagt der E.on-Manager Hans-Dieter Harig, der auch im Vorstand des neuen Verbandes sitzt. Harig zielt vor allem auf die „Regulierungswut“ der EU-Kommission. Der Richtlinienentwurf für das EU-weite Emissionsrechtehandelssystem sei nicht schlüssig. Der Entwurf berücksichtige nur die heutigen EU-Mitglieder, nicht alle Branchen und nur Kohlendioxid. Damit vernachlässige er die anderen Treibhausgase. Harig verwies auf die Selbstverpflichtung der Deutschen Industrie, „die doch sehr erfolgreich ist“. NICK REIMER

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