: „otzilmakob“ und „dzulob“
Soziales rassistisch überlagert: Ein Tag mit Filmen und Vorträgen zur zapatistischen Bewegung
Die zapatistische Bewegung in Mexiko ist aus den Medien hierzulande weitgehend verschwunden. Und das, obwohl sich die Situation für die als „Indios“ rassistisch ausgegrenzte kleinbäuerliche Bevölkerung seit 1994 in Chiapas keineswegs verbessert hat. In jenem Jahr gelang es, durch den Aufstand der Guerrilla EZLN, der „Nationalen Zapatistischen Befreiungsarmee“, eine Solidaritätsbewegung über Mexiko hinaus zu initiieren. Ein Tag im Völkerkundemuseum mit Filmen und Vorträgen sucht nun dort wieder anzuknüpfen.
Die EZLN griff mit der Forderung nach „Land und Freiheit“ eine Parole wieder auf, unter der 1910–1920 während der mexikanischen Revolution arme Bauern aus Morelos die Hauptstadt eroberten. Emiliano Zapata war ihr bekanntester Anführer. Wie unerfüllt die sozialrevolutionären Forderungen dieser KämpferInnen bis heute sind, zeigt eindrücklich der zwei Jahre alte Film Los últimos Zapatistas. Francesco Taboada hat noch lebende alte Zapatisten interviewt. An ihrer sozialen Marginalisierung hat sich wenig geändert. Auch die Enkelkinder von Zapata überleben mehr schlecht als gut unter prekären Bedingungen.
Wer um 10 Uhr morgens zu der Veranstaltung kommt, ist mit diesem Film schon mittendrin im Thema. Direkt daran anknüpfen wird der Vortrag des Soziologen Wolfgang Gabbert „Von Emiliano Zapata zu den Neo-Zapatisten der EZLN“. In einem älteren Aufsatz über soziale Ungleichheit im nahe Chiapas gelegenen Yukatan beschreibt Gabbert, wie sich mayasprachige KleinbäuerInnen als „otzilmakob“, als kleine Leute bezeichnen, während sie die dortige mayasprachige Oberschicht „dzulob“ nennen, die Reichen – oder die Fremden: Die sozialen Konflikte werden durch rassistische Zuweisungen verstärkt.
Um 12 Uhr gibt es im zweiten Film Chiapas: historia y dignidad Bilder vom Beginn des Aufstandes 1994 bis hin zum „Marsch der indigenen Würde“ von Chiapas nach Mexiko-Stadt im März 2001. Beide Filme sind englisch untertitelt. Drei in der Solidaritätsbewegung aktive EthnologInnen werden ab 14 Uhr aus eigener Anschauung über den Konflikt in Chiapas berichten, mit Dias und Tonbeispielen. Dabei wird es auch um den „Plan Puebla-Panama“ gehen, mit dem Südmexiko für den Tourismus und die industrielle Rohstoffausbeutung modernisiert werden soll, wobei die ansässige ärmere Bevölkerung nur als pittoreskes Indio-Ambiente am Rande vorgesehen ist. Außerdem wird die Soziologin Marta Durán de Huerta aus Mexiko-Stadt, die im Rahmen ihrer Solidaritätsarbeit unter anderem mehrere Interviews mit dem Pressesprecher der EZLN, Subcomandante Marcos, geführt hat, über den „Mythos Marcos“ referieren.
Die Abschlussdiskussion zur aktuellen Situation in Mexiko wird Gerrit Höllmann von der Hamburger Mexikogruppe Zapapres leiten. Nach wie vor sind die EZLN und die sie unterstützenden autonomen Dorfgemeinden vom mexikanischen Militär eingekreist. Zuletzt im September wurde wieder ein Fall bekannt: Paramilitärs hatten drei bekannte Unterstützer der zapatistischen Bewegung aus einer dieser Gemeinden ermordet. Aber die Kleinbauern leiden auch unter dem rapiden Verfall des Weltmarktpreises für Kaffee. Die Maßnahme des mexikanischen Staats dagegen, so Gerrit Höllmann gegenüber der taz hamburg: „Für jeden exportierten Sack Kaffee muss ein Kleinbauer einen zweiten vernichten, um die Überproduktion einzuschränken. Anfang der 90er Jahre sank der Rohkaffeepreis schon mal unter die Produktionskosten. Das war einer der Gründe für die EZLN, mit dem Aufstand zu beginnen.“ Gaston Kirsche
Sonntag, 10–19 Uhr, Museum für Völkerkunde
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