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Definitionsmacht in falschen Händen

Fischlers unbequeme Fragen sorgten schon beim „Spiegel“ für halbherzige Versuche der Vergangenheitsbewältigung

BERLIN taz ■ Die ganze Sache klingt wie schon mal gehört: Da hat also ein Unternehmen nach dem Zweiten Weltkrieg auf eine Art und Weise gearbeitet, die nicht mehr so recht zu dem Image passt, das man heutzutage pflegt. Einem Image, das nicht unwesentlich zum Geschäftserfolg des Unternehmens beiträgt.

Der aktuelle Fall heißt Bertelsmann, 1997 war’s der Spiegel: In der offiziellen Darstellung zum 50. Geburtstag fanden sich noch keine genaueren Hinweise auf jene Spiegel-Autoren, Redakteure und Ressortleiter, welche zuvor im „Dritten Reich“ höhere Posten bekleidet hatten, die so gar nicht zum heutigen Selbstbild als „Sturmgeschütz der Demokratie“ passen. Auch nach den Veröffentlichungen der taz gab man sich beim Spiegel zugeknöpft, Rudolf Augstein selbst hat sich bis heute öffentlich nie dazu geäußert.

Hersch Fischler hat ein gewisses Renommee dafür, unbequeme Fragen zu stellen. Bekannt wurde er vor allem durch seine Forschungen zum Reichstagsbrand 1933, mit denen er die Darstellung (vor allem im Spiegel) von der Alleintäterschaft des Holländers Marinus van der Lubbe zurückwies und erstmals Hinweise auf NS-Verstrickungen des frühen Spiegel lieferte.

1998 äußerte Fischler dann lautstark Zweifel am angeblichen Schicksal von Bertelsmann als 1944 vom Regime geschlossener „Widerstandsverlag“. Die Geschichtskommission gab ihm in allen Punkten recht, doch ein Problem bleibt: Die Definitionsmacht liegt weiterhin bei dem betroffenen Unternehmen. Die unabhängige Kommission versteht sich außerdem eher als Schlussstrich denn als Auftakt zu einer breiter angelegten Erforschung. „Wir denken, dass es keine wichtigen weiteren Details mehr zu finden gibt“, zitierte das Wall Street Journal gestern den Kommissionsvorsitzenden Saul Friedländer. Alles andere wäre ja auch schlecht fürs Image. STG

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