Triumph für Kongos Milizen

Mayi-Mayi-Milizen, die im Ostkongo gegen Ruanda und dessen Freunde kämpfen, erobern die Stadt Uvira bei Burundi. Erreicht der Kongokrieg die Nachbarländer?

BERLIN taz ■ Zum ersten Mal seit dem Beginn des Kongokrieges haben lokale kongolesische Milizen, die so genannten Mayi-Mayi, eine der Grenzstädte erobert, die den Zugang zu den östlichen Nachbarländern Ruanda und Burundi kontrollieren. Uvira an der Grenze zu Burundi fiel am Sonntag an Kämpfer des Mayi-Mayi-Kommandanten Baudouin Nakabaka, dessen Milizionäre in der Region gegen die eigentlich in Ostkongo herrschende Rebellenbewegung RCD (Kongolesische Sammlung für Demokratie) kämpfen. Sie hissten im Stadtzentrum die Flagge der Regierung Kabila, plünderten öffentliche Gebäude und organisierten mit der Bevölkerung Freudenfeiern über den Abzug der RCD.

„Wir werden jetzt eine neue Administration einsetzen und für Sicherheit sorgen“, sagte ein Sprecher der Mayi-Mayi gestern der taz telefonisch aus Uvira. „Eine neue politische Ordnung wird kommen.“ Seinen Angaben nach herrscht Ruhe in der Grenzstadt. Soldaten und Beamte der RCD seien nach Burundi geflohen.

Mayi-Mayi-Gruppen kämpfen seit Jahren im Osten Kongos gegen alles, was ruandisch aussieht – Ruandas Armee, ruandische Hutu-Milizen, von Ruanda unterstützte kongolesische Gruppen und kongolesische Tutsi. Zum Teil agieren sie wie traditionelle Geheimbünde, rekrutieren Kindersoldaten mit Initiationsriten und leben vom Ausrauben der Zivilbevölkerung; zum Teil sind es auch organisierte Armeen mit modernen Waffen, die Unterstützung von Kongos Präsident Joseph Kabila erhalten. Die gut organisierten Gruppen haben ihre Macht erheblich ausgedehnt, seit Ruanda in den letzten vier Wochen seine rund 22.000 Soldaten aus dem Kongo abzog. Der mächtigste Mayi-Mayi-General, Bulenda Padiri, ist von Westen her nahe an die Stadt Bukavu an der Grenze zu Ruanda herangerückt. Ein anderer, General Dunia, nahm Ende September die Stadt Fizi am Tanganjika-See ein und half jetzt bei der Einnahme Uviras. Aus Uvira ziehen die Kämpfer nun Richtung Bukavu und damit auf Ruanda zu.

Ihr Vormarsch stärkt Burundis Hutu-Rebellen, mit denen sie verbündet sind. Burundis Hauptstadt Bujumbura liegt nur 15 Kilometer von der Grenze entfernt. Auch 300 ruandische Hutu-Milizen sind laut UNO in der Nähe Uviras stationiert.

Die Mayi-Mayi in Uvira wollen aber nach eigenen Angaben nicht den Krieg nach Burundi oder Ruanda tragen. Sie wollen als verantwortungsbewusste Herrscher im Ostkongo dastehen, nicht als marodierende Milizen wie bisher. Ein Exilsprecher der politischen Mayi-Mayi-Organisation CRID (Widerstandskomitee für territoriale Integrität und Rechtsstaat) sagte der taz, es gehe jetzt darum, bei Friedensgesprächen zwischen Kongos Kriegsparteien den Platz der RCD als Vertreter des Ostkongo zu übernehmen. „Wir sind bereit, mit Ruanda zusammenzuarbeiten, um das Problem der Hutu-Milizen zu erledigen“, sagte er.

Die RCD gibt aber nicht auf. Sie kündigte gestern eine Gegenoffensive an und brach sämtliche Kontakte zur Regierung Kabila ab. DOMINIC JOHNSON