: Pillenwucher 2001
Laut Arzneimittelreport hätten bei Medikamenten 4,2 Milliarden Euro eingespart werden können
BERLIN taz/dpa ■ Auf 4,2 Milliarden Euro schätzt der Heidelberger Pharmakologe Ulrich Schwabe das Einsparpotenzial bei der Medikamentenverordnung. Zum Vergleich: Das Minus, mit dem die Krankenkassen dieses Jahr abschließen werden und das den Beitragszahlern voraussichtlich um die 0,4 Prozent höhere Beiträge bescheren wird, beträgt etwa 1,5 Milliarden Euro.
Schwabe stellte gestern seinen jährlich erscheinenden Arzneiverordnungsreport vor. Das Jahr 2001, erklärte er, habe den gesetzlichen Kassen den höchsten Anstieg der Arzneimittelausgaben seit 1992 beschert: Die Pillenkosten stiegen um 10,4 Prozent oder 2 Milliarden auf 21,3 Milliarden Euro. Hätten die Ärzte konsequent Generika verschrieben und auf die Verschreibung teurer neuer Medikamente ohne Zusatznutzen verzichtet, wären den gebeutelten Krankenkassen Ausgaben in Höhe von 20 Prozent des gesamten Arzneiumsatzes erspart geblieben, sagte Schwabe. Dies wies der Vizechef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Leonhard Hansen, umgehend zurück. Er nannte Schwabes Forderungen nicht umsetzbar.
Die großen gesetzlichen Krankenkassen begrüßten derweil die rot-grünen Koalitionsvereinbarungen zur Gesundheitspolitik. Herbert Rebscher, Chef der Ersatzkassenverbände VdAK/ AEV, sagte, das geplante „Vorschaltgesetz“ könne die Beitragssätze im kommenden Jahr wenigstens stabilisieren. Mit dem Vorschaltgesetz hofft Rot-Grün bei den Arzneimitteln, 1,4 Milliarden Euro zu sparen, indem die Pharmaindustrie zu einem sechsprozentigen Rabatt für Krankenkassen gezwungen und Großhandelsspannen sowie Apothekenzuschläge verringert werden.
Der AOK-Vorstandschef Hans Jürgen Ahrens machte gestern einen noch weiter gehenden Vorschlag: Die Arzneiausgaben und die Honorare der Ärzte könnten zu einem Gesamtbudget zusammengelegt werden, meinte er. Als Folge könnten die Ärzte mehr verdienen, wenn sie bei Arzneien sparen – und umgekehrt. UWI
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