koalitionsvereinbarung
: Viel Krach um wenig Kracher

Die Koalitionsverhandlungen sind weitgehend vorbei; und ja, es war eine gelungene Inszenierung. Drei Wochen lang hat das Publikum hingestarrt und die Verhandlungsrunden gebannt verfolgt. Rot und Grün sammelten jeweils ihre Truppen, es gab Streit und Auszeiten. Gestern konnte man sich zum Beispiel nicht einigen, welcher Minister welche Zuständigkeiten bekommt. Doch am Ende, das ist absehbar, steht wieder eine Versöhnung, ganz wie es sich gehört für künftige Regierungspartner. Bei diesem langwierigen Drama ist ein wenig aus dem Blick geraten, worum es im Kern eigentlich ging: um die Defizite im Haushalt 2003. Um mehr nicht.

Kommentarvon ULRIKE HERRMANN

So ging es nur sehr eingeschränkt um eine ökologische Modernisierung. Zwar werden energieintensive Unternehmen künftig knapp eine Milliarde Euro mehr Steuern zahlen. Und es stimmt ja auch, dass Bahnfahren billiger und Fliegen teurer wird. Außerdem, zugegeben, gibt es noch 30 Millionen Euro obendrauf für erneuerbare Energien. Aber Reförmchen sind nicht schon deswegen eine Reform, nur weil der Kampf so lange gedauert hat.

Doch das fällt gar nicht auf; wie von selbst füllte das Thema „Haushalt 2003“ die inhaltliche Leere der Koalitionsverhandlungen. Das ist insofern verständlich, als die Defizite tatsächlich drängen. Trotzdem erstaunt es, wenn sich eine Koalition vor allem darauf einigen kann, sich selbst als Mangelverwalter zu verstehen.

Offiziell jedoch wurde ein mutiger Kampf gegen den Sparkommissar Hans Eichel ausgefochten. Rot-grüne Zukunft ist, wenn man sich traut, gegen die EU ein Defizit von über drei Prozent des Brutto-Inland-Produkts durchzusetzen – und ansonsten verantwortungsvoll 11,6 Milliarden Euro aus dem Haushalt zu kürzen.

Das kann man eine lustige Inszenierung finden. Doch ist der angebliche Sachzwang Sparen nicht harmlos. Denn hier finden die eigentlichen Reformen statt. Es verändert Deutschland, wenn man fast die Hälfte des Defizits letztlich dadurch decken will, dass bei den Arbeitslosen irgendwie sechs Milliarden Euro eingespart werden. Die vielen Vielflieger hingegen sollen nur 425 Millionen Euro beisteuern.

Um diese Schieflage gab es jedoch keinen Kampf bei Rot-Grün, es fehlten die Kracher und Knalleffekte der Schlacht – also fällt es nicht besonders auf. Viel spannender ist doch das beliebte Spektakel, welcher Minister welche Abteilungen in sein Ressort hinüberziehen kann.