DIE DEUTSCHE AUSSENPOLITIK BLEIBT NEBULÖS UND UNVERBINDLICH: Friedenspolitik wirkt nur konkret
Der UNO falle „eine Schlüsselrolle“ bei der Bewältigung der „großen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts“ zu, heißt es im außenpolitischen Kapitel des rot-grünen Koalitionsvertrages. Das ist gut. Was diese Feststellung allerdings konkret bedeutet für die künftige Außen-, Sicherheits- und Völkerrechtspolitik Deutschlands, erfährt der Leser nicht. Ausführlich behandelt wird lediglich die weiterhin nicht sehr relevante Frage, ob und unter welchen Bedingungen Deutschland einen ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat anstreben solle. Auch die Absicht, das „politische Profil der OSZE zu stärken und auf eine angemessene personelle und finanzielle Ausstattung der OSZE hinzuwirken“, bleibt nebulös und nicht einklagbar, weil keine konkreten Maßnahmen genannt werden.
Ähnliches gilt für alle weiteren im Koalitionsvertrag genannten positiven Zielbegriffe wie Konfliktprävention, Menschenrechte, auswärtige Kultur- und Bildungspolitik, Abrüstung und Rüstungskontrolle. Sie werden nicht näher ausgeführt und bleiben unverbindliche Absichtserklärungen. Sehr viel eindeutiger fallen hingegen die Passagen über die Rolle der Bundeswehr aus. Sie soll sich endgültig „zu einer Armee im Einsatz“ wandeln. Dementsprechend werden „moderne, gut ausgerüstete und schnell verfügbare Einsatzkräfte erforderlich“. Mit anderen Worten: Auslandseinsätze der Bundeswehr – ob mit oder ohne UN-Resolutionen – bleiben an der Tagesordnung.
Eine kritische Reflexion des Jugoslawienkrieges findet nicht statt, zum drohenden US-Krieg gegen Irak wird nicht Stellung bezogen. Allerdings verspricht die Regierung, sich weiterhin an der „Operation Enduring Freedom“, dem von den USA geführten „Antiterrorkrieg“, zu beteiligen und so ihre Solidarität mit den Vereinigten Staaten zu demonstrieren. Deutsche Außenpolitik ist aber noch nicht dadurch Friedenspolitik, dass sie in Koalitionsverträgen so genannt wird. Sie würde es erst, wenn messbare Schritte zur Abrüstung und zur Zivilisierung der Außen- und Sicherheitspolitik benannt und dann auch umgesetzt würden.
ANDREAS ZUMACH
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