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Armee räumt kleine Siedlung

Eine israelische Militäroperation im Westjordanland stößt auf heftige Proteste. Der Rat der Siedler kündigt Rückkehr an. Die USA wollen neuen Plan vorlegen

JERUSALEM taz ■ Der Rat der jüdischen Siedler hat dem israelischen Verteidigungsminister Benjamin Ben-Eliesar eines Vertrauensbruchs beschuldigt, nachdem er in der Nacht zum Sonntag die illegale Siedlung Chawat Gildad räumen ließ. Rund 30 Menschen trugen bei der gewalttätigen Konfrontation zwischen Siedlern und Grenzpolizisten Verletzungen davon.

„Wir waren mit der Regierung darüber einig geworden, dass das Gebiet für landwirtschaftliche Zwecke genutzt werden kann“, berichtet der Sprecher des Siedlerrats, Jehushua Mor-Jossef, auf telefonische Anfrage. Als die für die Siedler überraschende Räumung bekannt wurde, „schickten wir unsere Leute dorthin“.

Mehrere hundert Mitglieder der Gruppe „Hügel-Jugend“ erreichten daraufhin den westlich von Nablus liegenden Siedlerstützpunkt, um die Bulldozer an der Zerstörung der zwei provisorischen Häuser zu hindern, von denen eins als Synagoge fungierte. Zentrale Figur ist Mosche Sar, der nach eigenen Aussagen das Land vor 20 Jahren von Arabern gekauft hat. Sein Sohn Gilad war im vergangenen Jahr erschossen worden. Die Gründung der Siedlung sollte die Palästinenser „eine Lektion lehren“, so die Siedler.

Die Eskalation, bei der Farbbomben und Steine auf die Sicherheitskräfte geworfen wurden, sei allein dem Verteidigungsminister zuzuschreiben, der „offensichtlich verrückt geworden ist“, so Mor-Jossef, als er die Räumung am heiligen Schabbat anordnete. Tatsächlich war die Militäroperation, an der auch religiöse Soldaten teilnahmen, nur deshalb zum Thema der sonntäglichen Regierungsdebatte geworden, weil durch sie der Schabbat entheiligt wurde. Der Sprecher der Siedler kündigte an, dass sie „in ein bis zwei Tagen“ nach Chawat Gilad zurückkehren würden.

Die Friedenbewegung „Peace now“ berichtet von insgesamt über 100 illegalen Siedlerstützpunkten im Westjordanland. Knapp die Hälfte davon sei während der laufenden Parlamentsperiode errichtet worden. Ben-Eliesar hatte die Räumung von nur 24 Stützpunkten angekündigt. Ein neuer US-amerikanischer Friedensplan sieht die sofortige, komplette Einstellung des Siedlungsbaus vor.

Unterdessen räumte Agenturberichten zufolge die Bevölkerung eines arabischen Dorfes bei Nablus ihre Häuser. Die rund 150 palästinensischen Familien seien über Monate von den Juden einer nahe gelegenen Siedlung malträtiert worden. Die Siedler hätten die Olivenbauern mit Gewehrschüssen an der Ernte gehindert sowie die Strom- und Wasserversorgung des Dorfes unterbrochen. SUSANNE KNAUL

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