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Möllemann verlängert Urlaub

Der Fallschirmspringer tritt von seinen politischen Ämtern zurück und wirft der FDP-Führung in Berlin vor, dass sie „seine Gesundung zunichte machen will“. Möllemann schweigt weiter zu Vorwürfen der illegalen Parteienfinanzierung

aus Düsseldorf PASCAL BEUCKER

Das war’s. Die politische Karriere von Jürgen W. Möllemann ist beendet. Nachdem er zuvor nicht einmal für enge Vertraute wie den FDP-Landesschatzmeister Andreas Reichel oder seinen Sprecher Michael Block erreichbar gewesen war, meldete sich der FDP-Zampano am Sonntagabend mit einer einseitigen Erklärung aus seinem Genesungsurlaub. Deren Kernsatz: „Ich trete hiermit als Vorsitzender der FDP in Nordrhein-Westfalen und ihrer Landtagsfraktion zurück“.

Zuvor war der Druck auf Möllemann immer größer geworden. FDP-Chef Westerwelle hatte ihm ein Ultimatum gestellt. Bis heute sollte er die wahren Spender der 840.000 Euro auf seinem „Wahlkampfsonderkonto“ preisgeben. „Wenn jemand Briefe schreiben kann und Journalisten empfängt, erwarte ich, dass er auch die Namen aller Spender bis zum Landesvorstand am Montagabend nennen kann“, so der FDP-Chef. Doch die verrät Möllemann, der sich in seinem Ferienhaus auf Gran Canaria aufhalten soll, auch weiterhin nicht. Nur so viel verspricht er: „Selbstverständlich werde ich sicherstellen, dass die FDP durch mich keinen finanziellen Schaden erleidet, allerdings nach geltendem Recht und nicht nach den Schädigungsabsichten meiner innerparteilichen Gegner.“

Statt Aufklärung gibt es Angriffe auf seine innerparteilichen Gegner: „Mitglieder der FDP-Führung wollen offensichtlich die kleinen Fortschritte meiner medizinisch begleiteten Gesundung zunichte machen“, schlägt Möllemann um sich. Ihnen sei „offenkundig mein politischer Tod wichtiger als die Folgen ihres zerstörerischen Verhaltens für die FDP, von den Folgen für das Wohlergehen meiner Familie und meine Gesundheit gar nicht zu sprechen“. Gegen den dringenden Rat der behandelnden Ärzte und die drängenden Bitten seiner Familie zwängen sie ihn zur Befassung mit ihren „fahrlässigen öffentlichen Spekulationen, Verdächtigungen und Anschuldigungen“. Seine Ärzte hätten ihm „zwingend verordnet, vor Ablauf von sechs Wochen, also Anfang Dezember, keine berufliche Tätigkeit wieder aufzunehmen – ich darf also genau das nicht tun, wozu mich Mitglieder der FDP-Führung fortdauernd nötigen wollen.“

Am Wochenende waren auch engste Weggefährten von Möllemann abgerückt. So empfahl ihm der schleswig-holsteinische FDP-Fraktionschef Kubicki, von seinen FDP-Ämtern zurückzutreten. „Als Freund rate ich ihm, sich keinen Kämpfen auszusetzen, die sinnlos erscheinen“, sagte Kubicki. Allerdings sieht er bisher keinen Straftatbestand erfüllt. Dafür müssten die Spenden bereits in die Buchführung der Partei eingegangen sein, sagte der praktizierende Rechtsanwalt. „Das ist bisher nach Aussage von Landes- und Bundesschatzmeister aber noch nicht geschehen“.

Der Parteienrechtler Hans Herbert von Arnim warf Möllemann hingegen vor, in jedem Fall das Parteiengesetz verletzt zu haben. Es wäre „aberwitzig“, wenn sich der FDP-Politiker damit herausreden wolle, die Spenden als Privatmann empfangen zu haben. Denn das umstrittene Flugblatt, das damit finanziert wurde, sollte eindeutig für die FDP werben. Zudem habe er auch als Landtagsabgeordneter eine Spendenanzeigepflicht.

Der grüne Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Ströbele forderte, dass gegen Möllemann ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wird. „Das ist nicht nur in vielen Punkten ein schwerer Verstoß gegen das ganz neu seit 1. Juli in Kraft befindliche neue Parteiengesetz, das ist ein Fall für den Staatsanwalt“, sagte Ströbele am Wochenende auf der Bundesdelegiertenkonferenz seiner Partei in Bremen.

Das sieht anscheinend auch die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft so; sie prüft ein Ermittlungsverfahren gegen Möllemann. Neben den möglichen Verstößen gegen das Parteiengesetz könnte auch wegen Urkundenfälschung ermittelt werden, falls Jürgen Möllemann tatsächlich die Spenden unter falschem Namen eingezahlt haben sollte.

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