Urteil über Knast

Dabelstein-Mörder vom Vorwurf der geplanten Geiselnahme freigesprochen. Gericht kritisiert Strafvollzug

Es war nicht nur ein Urteil über Christian L., sondern auch über die Hamburger Justiz. Der Mörder des Lebensmittelhändlers Willi Dabelstein wurde gestern vom Amtsgericht vom Vorwurf freigesprochen, einen Ausbruch aus dem Jugendgefängnis Hahnöfersand per Geiselnahme vorbereitet zu haben. Zum Strafvollzug sagte die Richterin, L. sei schon lange hinter Gittern, „was an sich schon schädlich ist, besonders, wenn man in Hamburg sitzt“. Sie ergänzte: „Einsperren allein hilft nicht.“

Im Zusammenhang mit dem Jugendstrafvollzug auf Hahnöfersand kritisierte die Richterin vor allem, dass das dortige Anti-Aggressionstraining aus Kostengründen vom neuen Senat abgeschafft wurde (taz berichtete). Bei diesem Training hatten hoch gewaltbereite Jugendliche gelernt, ihre Aggressionen zu beherrschen. Das Programm ist ausgelaufen, weil der Senat kein Geld mehr zur Verfügung stellt.

Der heute 20-jährige Christian L. sitzt seit 1998 in Hahnöfersand ein. Er war jetzt erneut angeklagt, weil er zusammen mit einem Mitgefangenen eine Geiselnahme geplant haben sollte. Dafür wollten sie laut Anklage eine Halsschlinge mit eingearbeiteten Rasierklingen und Stichwaffen zu Hilfe nehmen. Die Richterin aber hielt einen Belastungszeugen für unglaubwürdig und sprach Christian L. von diesem Vorwurf frei.

Verurteilt wurde er allerdings wegen Körperverletzung. Bei einem Streit hatte er einen Mitgefangenen angegriffen. Dafür erhöht sich seine achtjährige Jugendstrafe um einen Monat.

Elke Spanner