: Mehr über das Meer
Die bebrillten Grauköpfe freuen sich: Das neue Jahrbuch der Wittheit macht „weltweite Meeresforschung in Bremen und Bremerhaven“ auch für Laien verständlich
Im Kaminsaal des Bremer Rathauses unter den Porträts altvorderer Honoratioren ist die geballte Weisheit der Wittheit versammelt. Am Kopfende der Tafel sind Professores Doctores Doctores honoris causae aufgereiht: die Haare ebenso grau wie die Anzüge – und alle bebrillt, was gewiss von Belesenheit und langjährigem Forschertum zeugt.
Von eben diesem Forschungsdrang, der Menschen von der Hansestadt hinaus auf die Weltmeere treibt, wollen die grauen Herren von der „Wissenschaftlichen Gesellschaft der Freien Hansestadt Bremen e.V.“ (Wittheit) künden. „Der Ozean – Lebensraum und Klimasteuerung. Weltweite Meeresforschung in Bremen und Bremerhaven“ – so heißt das neue Jahrbuch der Wittheit, das der Verein gestern im Rathaus vorgestellt hat.
Seit 1924 stecken bei der Wittheit allerlei schlaue und forschende Geister der Stadt die Köpfe zusammen. Eben das ist auch eine ihrer wesentlichen Aufgaben. Die wissenschaftlichen Aktivitäten in Bremen sollen gebündelt und über die Grenzen der Fachdisziplinen hinweg vernetzt werden. Damit aber all die klugen Menschen trotz ihrer akademischen Höhenflüge nicht ganz den Kontakt zum Boden verlieren, ist für gelegentliche Erdung gesorgt. Mit allgemeinverständlichen Vorträgen und Veröffentlichungen soll die Wissenschaft unters Volk gebracht werden. „Wir verstehen uns als Transmissions-Riemen zwischen Wissenschaft und Gesellschaft“, doziert Gerold Wefer, der Präsident der „Wittheit“.
Deshalb soll auch das neue Jahrbuch komplexe Konstellationen für den gemeinen Bremer verständlich machen: „Man stelle sich vor, die Erde sei ein vom Regen feuchter Fußball...“, beginnt einer der Aufsätze plastisch. Über das Packeis im Polarmeer wird ebenso anschaulich erzählt, wie über tropische Korallenriffe. Zeitlich spannt das Jahrbuch einen weiten Bogen: Vom historischen Rückblick über die aktuelle Forschung bis hin zur Zukunftsvision für die Ozeane.
Bremen und das weite Meer – diese enge Beziehung besteht schon seit Jahrhunderten. Im Vergleich dazu ist die Meeresforschung in Bremen und Bremerhaven noch recht jung, sie existiert gerade einmal seit läppischen zwei Jahrzehnten. Dennoch steckt die hiesige Meeresforschung nicht mehr in den Kinderschuhen. Mit renommierten Forschungseinrichtungen wie dem Alfred-Wegener-Institut und dem Max-Planck-Institut für marine Mikrobiologie ist Bremen zu einem der wichtigsten internationalen Standorte in der Meeresforschung avanciert. „Darum war es höchste Zeit, dass diesem Forschungsschwerpunkt einmal ein Jahrbuch gewidmet wurde“, freut sich Wefer. Auch Herausgeber Gotthilf Hempel, Gründungsdirektor des Alfred-Wegener-Instituts, ist mächtig stolz: „Die Crème de la Crème der Meeresforscher hat Beiträge für diesen Band geschrieben. Ich empfehle das Buch nicht nur interessierten Laien, sondern auch Nachwuchswissenschaftlern und älteren Kollegen von Herzen.“ Gerade die Letzteren könnten sich durch die aufmerksame Lektüre auf den neuesten Stand der Forschung bringen. Anne Ruprecht
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen