Zu Hause lächeln, auswärts drohen

Die Bochumer kennen ihren Oberbürgermeister kaum. Er repräsentiert lieber außerhalb. Jetzt verhandelt er mit Ver.di

Ernst-Otto Stüber, Verhandlungsführer der Kommunen im Tarifstreit mit Ver.di, hat zwei Gesichter. Zu Hause, in Bochum, gibt sich der SPD-Oberbürgermeister freundlich; auf der Straße sucht der hoch gewachsene 62-Jährige lächelnd den Augenkontakt mit seinen Mitbürgern. Dennoch kennen die ihn kaum; in Bochum gilt Stüber als „unbekanntester Bürgermeister Deutschlands“. Dabei ist er bereits seit 1994 im Amt; als erster Oberbürgermeister in Nordrhein-Westfalen profitierte er von der Gemeindereform und wurde direkt gewählt. Doch noch fünf Jahre später ereigneten sich Szenen wie diese: Die Amateuere des VfL Bochum spielen. Im Zweireiher marschiert Stüber um den Sportplatz, schüttelt Hände von verwirrten Zuschauern, sucht vertraute Gesichter, findet keines und verlässt verfroren die Oberligapartie nach zwanzig Minuten.

So unbehofen sich der ehemalige Landtagsabgeordnete in Bochum gibt: Auswärts gilt Stüber als eine wichtige Stimme. Als Vorsitzender des Deutschen Städtetages machte sich der Traditionssozialdemokrat einen Namen bei der kommunalen Schuldenkrise und der Innenstadtbelebung. Als Vorsitzender der kommunalen Arbeitgeberverbände ist Stüber seit 1997 an den Tarifstreitigkeiten beteiligt.

Dort gibt sich der Oberbürgermeister nicht mehr freundlich. Kaum hatte die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di 3 Prozent mehr Lohn gefordert, da kündigte Stüber schon Gegenmaßnahmen an: Die Kürzung von Urlaubsgeld und sogar betriebsbedingte Kündigungen zieht der Vollbartträger ins Kalkül, sollte die Gegenseite ihr „Lohndiktat“ beibehalten. Mit ähnlichen Ankündigungen hatte er die Gewerkschafter schon bei den letzten großen Tarifauseinandersetzungen 1999 verärgert – am Ende einigte man sich damals auch auf 3,1 Prozent.

Diese harte Verhandlungsführung lässt leicht vergessen, dass Stüber – obwohl ursprünglich aus Hannover – selbst die klassische Ruhrgebietskarriere hinter sich hat. Nach einer Ausbildung zum Redakteur wurde er 1970 Mitarbeiter einer Gewerkschaftszeitung; seit damals ist er auch Mitglied der IG Bergbau.

Wie sein Umgang mit den Gewerkschaften, so ist auch Stübers lokale Politik von Ankündigungen geprägt. Gerne gibt er seine Ideen der Presse bekannt, bevor sie in der SPD-Fraktion oder im Rat diskutiert werden. Einen „Hang zu einsamen Entscheidungen“ attestieren ihm die Grünen, die mit der SPD die Mehrheit im Stadtrat bilden.

Kurzerhand wollte Stüber ein Baudenkmal, das Wasserschloss Kemnade, an den Bochumer Fleischproduzenten Zimbo für 33 Jahre verpachten – eine Bürgerinitiative konnte den Stadtrat gegen den Willen Stübers davon abbringen. Und obwohl Dortmund ein neues Konzerthaus baute, hält Stüber am Bau einer überflüssigen Bochumer Symphonie fest und am Klein-Klein des Kirchturmreviers.

Zum Mega-Flop entwickelt sich die westliche Innenstadterweiterung: Mit Beteiligung der Landesregierung von Wolfgang Clement (SPD) sollte hier das Expo-Highlight „Planet of Visions“ wieder auferstehen. Nun lagert in einer Krupp-Halle verschmortes Pappmaché. Es war die letzte vieler Pannen: Kinder zündeten das Lager an – der Projektträger meldete sich insolvent. Aber dafür hat Stüber ja jetzt keine Zeit.

CHRISTOPH SCHURIAN