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Rot-Rot-Stift jetzt überall

Punktsieg für Klaus Wowereit: Auch die Ministerpräsidenten der anderen Bundesländer wollen bei Beamten kürzen dürfen. Unterdessen lenkt der Berliner Beamtenbund beim Solidarpakt ein

von RICHARD ROTHER

Der rot-rote Senat ist in seinem Bemühen um einen Solidarpakt ein deutliches Stück weitergekommen. Die Ministerpräsidenten der Bundesländer unterstützten gestern die Forderungen des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit (SPD), in Zeiten knapper Kassen regionale Ausnahmeregelungen bei der Beamtenbesoldung einzuführen. Zudem zeigte der Berliner Beamtenbund Kompromissbereitschaft gegenüber den Forderungen des Senats, im öffentlichen Dienst die Personalkosten einzudämmen. Der Senat will mit dem Solidarpakt jährlich rund 500 Millionen Euro an Personalkosten einsparen.

Auf ihrer gestrigen Konferenz verständigten sich die Ministerpräsidenten der Länder darauf, Öffnungsklauseln für die bundesweit geltenden Beamtentarife zu prüfen. In Zeiten besonders knapper Haushaltkassen sollen die Länder die Beamtenbesoldung selbst regeln dürfen. Drei Wochen vor der neuen Tarifrunde im öffentlichen Dienst beschlossen die Länderchefs, nun eine Arbeitsgruppe einzusetzen, die die rechtlichen Grundlagen für die Ausnahmeregelungen im Besoldungsrecht prüfen soll. Der Arbeitsgruppe sollen neben dem Initiator und Leiter Klaus Wowereit auch die Länderchefs Heide Simonis (SPD, Schleswig-Holstein), Peter Müller (CDU, Saarland) und Georg Milbradt (CDU, Sachsen) angehören. Für seine Initiative braucht der rot-rote Senat die Mehrheit im Bundesrat.

Der Deutsche Beamtenbund (DBB) lehnte die Forderungen nach Öffnungsklauseln umgehend ab. DBB-Chef Erhard Geyer sprach von einer „Kampfansage“ an die Beamten und Beamtinnen und kündigte Widerstand gegen die Ausnahmeregelungen an.

Der Berliner DBB-Landesverband zeigte sich im Gegensatz zur Bundesorganisation dagegen kompromissbreit. Er will dem Vorschlag des Senats, zeitlich befristet auf Einkommenserhöhungen zu verzichten, zustimmen und in der kommenden Woche einen konkreten Vorschlag vorlegen. Konkret sieht das Konzept die Aussetzung von Leistungsprämien und -zulagen bei den Beamten und den Verzicht auf Einkommenszuwachs für alle Beschäftigten im Land Berlin vor. Dieser soll bis 2006 befristet und sozial gestaffelt sein – von 1,5 Prozent in den unteren bis 2,5 Prozent in den oberen Besoldungsgruppen. Auszubildende sollen vom Gehaltsverzicht ausgenommen werden. Im Gegenzug fordert der Beamtenbund unter anderem gezielte Angebote für die Förderung von Teilzeit auf freiwilliger Basis sowie die Überprüfung von Landesgesetzen und -verordnungen auf ihre weitere Notwendigkeit.

Allerdings will der Berliner Beamtenbund mit diesen Vorschlägen Öffnungsklauseln, wie Wowereit sie fordert, verhindern. DBB-Landeschef Joachim Jetzschmann: „Wir wollen nicht, dass jedes Land allein über die Besoldung entscheiden kann.“ Er schlage deshalb aufgrund der Berliner Haushaltsnotlage ein Zusatzgesetz für Beamte auf Landesebene vor.

Mit dem Solidarpakt will der rot-rote Senat die Personalausgaben des Landes, die in etwa den Steuereinnahmen der wirtschaftsschwachen Stadt entsprechen, deutlich senken. Die Koalition fordert den Verzicht auf Einkommenssteigerungen für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst bis 2006 sowie Einschränkungen beim Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Im Gegenzug soll die Arbeitszeit verkürzt und sollen betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen werden.

Mit dem Solidarpakt beschäftigt sich heute auch eine Deligiertenkonferenz der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di. Nach dem Ausscheiden des DBB aus der Front der Gewerkschaften dürfte für genug Zündstoff gesorgt sein.

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