: Der Herr der Pilze
Der Biotechnologieunternehmer Peter Lüth wird mit dem Umweltpreis der Bundesstiftung Umwelt ausgezeichnet
Der Prototyp eines norddeutschen Unternehmers soll er sein: objektiv und immer genau abwägend. Trotzdem kippte Peter Lüth, Gründer und Chef des mecklenburgischen Biotechnologieunternehmens Prophyta, fast aus den Latschen, als der Anruf kam. Am anderen Ende meldete sich der Generalsekretär der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) aus Osnabrück, Fritz Brickwedde. Der kündigte Lüth an, dass er an diesem Sonntag den Deutschen Umweltpreis in Empfang nehmen darf.
Mit dem Preis würdigt die DBU Lüths Verdienste bei der Entwicklung biologischer Pflanzenschutzmittel. In einer DBU-Pressemitteilung heißt es etwas rau: Es wird ein „Exempel statuiert, dass ökonomische und ökologische Ziele vereinbar sind“. Die DBU spielt damit auf den Erfolg von Lüths Firma Prophyta an. Der 46-jährige Wismarer und studierte Agrarökonom gründete das Unternehmen 1992 auf der Ostseeinsel Poel. Von der Treuhand übernahm Lüth zu einem vernünftigen Preis die Labore des früheren DDR-Instituts für Öl- und Futterpflanzenzüchtung. Dazu gab es Geld aus einem Förderprogamm des Bundes. Eine Ost-Erfolgsstory begann.
Für Jahre vergruben sich Lüths Leute im Labor. 1997 kamen sie mit dem ersten biologischen Pflanzenschutzmittel Deutschlands auf den Markt.
„Contans WG“, so der Name des Wundermittels, bekämpft besonders effektiv die Sclerotinia-Fäule bei Gemüse. Es funktioniert nach dem Prinzip, natürliche Feinde aufeinander loszulassen. Das Biopflanzenschutzmittel besteht aus einem wasserlöslichen Traubenzuckergranulat, dem spezielle Pilzsporen beigemengt werden. Die wohlgenährten Pilze wachsen und zerstören die Fäulnispilze an Kulturpflanzen.
Das neue Mittel sorgte für Aufsehen. Zunächst kassierte Lüths Firma den Technologiepreis Mecklenburg-Vorpommerns und den ersten Preis des Bundeslandwirtschaftsministeriums für integrierten Pflanzenschutz. Dann kamen die Bestellungen. „Contans WG“ braucht die Konkurrenz vergleichbarer Produkte nicht zu scheuen. Im Vergleich zu biologischen Pflanzenschutzmitteln aus den USA ist es einfacher in der Anwendung und billiger.
Inzwischen werden 200 Tonne „Contans WG“ im Jahr produziert. Lüths Firma wuchs auf 17 Mitarbeiter an. Das Biopflanzenschutzmittel wird in sieben europäische Länder und die USA exportiert. Lüth sagt stolz, dass „Contans WG“ mehr als eine Alternative zu chemischen Mitteln sei. Es reduziere nachweislich die Fäulniskeime im Boden, werde vollständig abgebaut und sei ungiftig.
Inzwischen hat der umtriebige Unternehmer, der von seinen Mitarbeitern als ein bodenständiger Mecklenburger bezeichnet wird, auch in Asien Fuß gefasst. Ein weiteres Präparat wird zurzeit mit Erfolg gegen Fadenwürmer auf philippinischen Bananenplantagen angewendet. Lüth hofft, dass es dort gelingt, die chemischen Mittel vollständig zu verdrängen.
Das Preisgeld muss sich Lüth mit Klaus Töpfer, derzeit Leiter des UN-Umweltprogramms, teilen. Trotzdem sind die 250.000 Euro immer noch eine ordentliche Summe. Den unerwarteten Zuschuss will der Unternehmer in den Firmenausbau stecken, wie sich das für einen kühl abwägenden norddeutschen Unternehmer gehört. MARIUS ZIPPE
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