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Der Prophet und die Migranten

„Die menschliche Natur ist für Rassismus sehr anfällig“, schreibt die Autorin Dilek Zaptcioglu. Deshalb geht es in ihrem Jugendbuch „Die Geschichte des Islam“ auch um heute und das konkrete Zusammenleben verschiedener Kulturen

„Der Islam muss in unserer Zeit viel aushalten“, schreibt die Autorin Dilek Zaptcioglu. Sie will ihm mit ihrem Jugendsachbuch „Die Geschichte des Islam“ etwas von der Last nehmen. Dilek Zaptcioglu, die seit ihrem 14. Lebensjahr in Deutschland lebt und als Journalistin auch für die taz schreibt, kennt die Bilder und Vorstellungen hierzulande und setzt sich damit auseinander.

Klug erzählt und moderiert sie die Geschichte des Islam, ohne den Bezug mit heute zu verlieren. Im Gegenteil: Wenn sie von Mohammed, dem Arabien in vorislamischer Zeit, dem Streit um das Erbe des Propheten, über Multikulti in Andalusien erzählt und die wesentlichen Glaubensmerkmale herausarbeitet, geht es ihr immer um den Islam, wie er heute gesehen wird. Nicht um konkrete Auslegungen bestimmter Koranverse oder spitzfindige Interpretationen der Frauendiskriminierung, sondern um die Probleme islamischer Einwanderer in Deutschland oder Frankreich, um Probleme des konkreten Zusammenlebens; so auch darum, dass Migranten, statt sich abzuschotten, die Möglichkeiten wahrnehmen und sich vor allem weiterbilden sollten. Denn: „Bildung hilft die Gefühle und Gedanken zu ordnen.“

Dilek Zaptcioglu beschreibt, wie der Islam von unterschiedlichster Seite funktionalisiert wird. Wie die strukturelle Unterentwicklung der islamischen Kulturäume von der westlichen Seite schlicht mit der Rückständigkeit der Religion erklärt wird und wie andrerseits die Islamisten mit Ideologisierung und Politisierung des Islam die Unterentwicklung verdrängen oder wegbomben wollen.

Dilek Zapcioglus Annäherung an den Islam ist eine sehr persönliche. Nicht nur weil sie ihre persönlichen Erfahrungen als Kulturmuslimin widerspiegelt und reflektiert, sondern weil sie durch Identifikation und Geschichten aus ihrer Kindheit den Gläubigen ein Gesicht gibt.

Das Buch ist ein aktueller und moderner Beitrag zur interkulturellen Erziehung: für Jugendliche, die mit dem Islam nichts zu tun haben, genauso wie für islamische Migrantenkinder, die darin nicht nur mehr über ihre Religion, sondern auch über deren Schwierigkeiten heute erfahren. Eigentlich gehört das Buch aufden Lehrplan, im Geschichts-, Religions-, Islam- oder Ethikunterricht. Dass es auch noch gut und spannend geschrieben ist, dürfte kein Hinderungsgrund dafür sein. EDITH KRESTA

Dilek Zaptcioglu: „Die Geschichte des Islam“. Gebundene Ausgabe, 180 Seiten, Campus Sachbuch 2002, 17,90 €

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