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Ermittler ohne Auftrag

Kriminaldirektor a. D. Dieter Schenk hat sich als BKA-Kritiker einen Namen gemacht – und den Fritz-Bauer-Preis verdient

Vor vielen Jahren, als er noch jünger und wilder war, soll Otto Schily über Dieter Schenk einmal gesagt haben, er sei froh, dass einer wie der beim Bundeskriminalamt (BKA) sei. 1989 ist der Kriminaldirektor Dieter Schenk beim BKA ausgeschieden, Schily wurde Innenminister, und was er heute über Schenk denkt, darüber kann man nur spekulieren. Im Amt gilt der Exbeamte vielen bis heute als „Nestbeschmutzer“. Von der Bürgerrechtsorganisation Humanistische Union (HU) soll Dieter Schenk nun den Fritz-Bauer-Preis 2002 erhalten.

Unbequem war der 1937 geborene Schenk schon vor seinem Abschied aus dem BKA, auch wenn seine Karrierestufen dies nicht auf den ersten Blick vermuten lassen: zuletzt war er Kriminaldirektor im Interpol-Verbindungsbüro und Berater des Auswärtigen Amtes für Sicherheit im Diplomatischen Dienst. Bezeichnender war da schon seine langjährige Mitgliedschaft bei den „Kritischen Polizisten“, im Arbeitskreis Polizei von amnesty international und bei Business Crime Control.

Die 1961 gegründete Bürgerrechtsorganisation HU würdigt Schenk für sein „Engagement gegen institutionelle und personelle Kontinuitäten zum Nationalsozialismus“ beim Aufbau der bundesdeutschen Sicherheitsorgane. Neben einem Roman („BKA – Die Reise nach Beirut“) und einer wenig schmeichelhaften Biografie über den früheren BKA-Chef Horst Herold veröffentlichte er im vergangenen Jahr eine Studie über „die braunen Wurzeln“ des Amtes („Auf dem rechten Auge blind“). So etwas verzeiht die Polizeigemeinde selten. Schon die Recherchen in den Altakten der Behörde hatte die Hausspitze über ein Jahr lang verschleppt. Letztlich erschien das Buch ohne Unterstützung des BKA. Gelitten hat es darunter nicht.

Mit Ehrungen hat Dieter Schenk inzwischen Erfahrung. 1998 erhielt er für die Aufarbeitung von NS-Verbrechen in Polen das Bundesverdienstkreuz. Lange hat er damals mit sich gerungen, ob er den deutschen Orden akzeptieren solle. Seine Entscheidung für die Annahme sah Schenk dann als „Signal an Polen und andere Länder, die unter dem NS-Regime gelitten haben“.

Wichtiger war ihm jedoch die 1997 verliehene „St.-Adalbertus-Medaille“ der Stadt Gdansk. Sie erhielt er für sein Buch „Die Post von Danzig“, in dem er den NS-Justizmord an 38 polnischen Postbeamten schilderte. Es bewirkte, dass die in Polen als Helden gefeierten Beamten schließlich auch vom Lübecker Landgericht posthum freigesprochen und die gegen sie verhängten Todesurteile aufgehoben wurden.

Auch das Buch „Hitlers Mann in Danzig“ widmete Schenk der Stadt, die ihn bereits mehrfach ehrte. Mit kriminalistischer Kompetenz arbeitete er darin das Wirken von Albert Forster auf, einem der skrupellosesten Gauleiter Hitlers. „Für seine aufklärerische Tätigkeit in Bezug auf den Nationalsozialismus, für seinen Mut und seine Kompromisslosigkeit“ wurde Schenk im August dieses Jahres zum Ehrenbürger von Gdansk ernannt.

Der undotierte Fritz-Bauer-Preis wird Schenk erst im Juli 2003 feierlich übergeben – zum 100. Geburtstag des Namenspatrons, des hessischen Generalstaatsanwaltes und Anklägers im Frankfurter Auschwitz-Prozess. Über die Annahme macht Schenk sich diesmal keine Gedanken: „Das ist ein Preis, den man ohne Bedenken annehmen kann.“ OTTO DIEDERICHS

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