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Optimist in der Krise

Weil er sich als „FAZ“-Chefredakteur ins Gespräch brachte, ist bei Springer für Wolfram Weimer kein Platz mehr

Im sonnigen August war Wolfram Weimer noch ganz so, wie es sich für einen Springer-Chefredakteur und engen Vertrauten, ja geradezu einen Freund des fast gleichaltrigen Vorstandschefs Matthias Döpfner gehört: In der Abwehrschlacht gegen die Essener WAZ-Gruppe, die über den Einstieg bei Springer verhandelte, scharte Weimer (37) seine Chefredaktionskolleginnen von Auto Bild bis zum Journal für die Frau um sich und hinter eine Protestnote gegen die ungeliebten Regionalverleger aus dem Ruhrgebiet. „Unser publizistisches Selbstverständnis basiert auf dem Freiheitsprinzip“, hieß es da. Jetzt hat sich Döpfner die Freiheit genommen: Weimer muss gehen, durfte aber immerhin noch selber um seinen Abschied nachsuchen.

So viel Pathos wie damals im August stieß sogar manchem im eigenen Hause auf: Bild am Sonntag-Chef Claus Strunz jedenfalls unterschrieb nicht. Und befand hinter den Kulissen, selbst bei Springer sollten sich Chefredakteure nicht derart plump für die Interessen ihrer Geschäftsführung und Vorstände einspannen lassen. Derartige Kritik perlt an einem Mann wie Weimer natürlich spielend ab. Er weiß sich jede Krise als Chance umzuinterpretieren. Wenn Weimer ohne viel Federlesens das Westberliner Springer-Flaggschiff Berliner Morgenpost zugunsten seiner ewig siechen Welt ausschlachtet, ist das nicht etwa das Eingeständnis, die hochdefizitäre Zeitung allein nicht flott zu kriegen. Sondern eine „historische Weichenstellung“, von der selbstverständlich „beide profitieren“.

Ansteckend wirkt solch zwanghafter Optimismus bei den betroffenen RedakteurInnen wohl kaum. Immerhin: Die Welt durfte Weimer auf dem von seinem Vorgänger Döpfner gezeichneten Weg zu Buntheit und Vielfalt weiterentwickeln. Vor allzu viel Liberalität im Blatt bewahrten ohnehin die Bundestagswahlen: Die Welt stand im Verein mit Springers anderen Titeln in solcher Treue fest zum Kandidaten der Union, dass die SPD schon laut „Kampagne!“ schrie.

Denn Kampagnen gehören zum Springer-Journalismus wie die Hausgrundsätze zur Marktwirtschaft und zur Freundschaft mit Israel. Und Weimer versuchte stets, ein guter Schüler zu sein: Nach dem 11. September kam die Solidarität mit den USA natürlich auch mit seiner Zustimmung dazu. „Twin Towers“ nennt die Redaktion nicht erst seitdem das hoch gewachsene Gespann aus Vorstand Döpfner und ihrem Chefredakteur. Jetzt ist zumindest einer eingestürzt.

Dabei war Weimer immer einer der Besten, beim Abitur 1983 sogar der Beste in ganz Hessen, danach als Wirtschaftsredakteur der FAZ und später als Korrespondent in Madrid.

Dass sein altes Blatt jetzt wieder eine (wenn auch undurchsichtige) Rolle bei seinem raschen Abschied spielt – Weimer wird es ohne jede Selbstironie positiv zu deuten wissen. In der Grauzone um eine angebliche Abwerbung als FAZ-Chefredakteur zu scheitern, ist ja was. Dass es bislang so aussieht, als ob sich Weimer selbst in Frankfurt angeboten hat, ist da nebensächlich.

Oder, wie Ende 2001 die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung befand: „Wolfram Weimer gehört zu der Sorte Menschen, die das Licht am Ende des Tunnels niemals für die Scheinwerfer des entgegenkommenden Schnellzugs halten würden.“

STEFFEN GRIMBERG

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