: Greencard für Huren
Prostituiertenorganisation Nitribitt leidet unter Personalmangel. Ausgerechnet die Arbeit mit ausländischen Prostituierten könnte kippen
Für die Bremer Grünen ist die Angriffslinie klar: Das „Schwarze Peter-Spiel zwischen den Ressorts Inneres und Soziales“ müsse endlich aufhören, fordert Doris Hoch. Eine unabhängige Beratungsstelle für die Opfer von Zwangsprostitution sei überfällig. Innensenator Kuno Böse (CDU) müsse sein Versprechen einlösen, wonach es einen Weg geben werde, die Beratung zu finanzieren. Das sei seit Februar nicht geschehen. Schlimmer noch: Eine befristete BSHG-19 Stelle bei der Prostituiertenorganisation Nitribitt sei vor einer Woche ersatzlos ausgelaufen.
Die Innenbehörde pariert den Angriff. „Der Senator hat nicht versprochen, dass er Geld bereitstellt“, sagt Behördensprecher Markus Beyer. „Aber er hat anerkannt, dass auch die Opfer Beachtung brauchen.“ Für die Finanzierung von Beratung seien andere Behörden zuständig. Die Polizei habe ihre Ermittlungsgruppe aufgestockt. Die zwölf Beamten würden aber erst jetzt wieder gegen Menschenhandel und illegale Prostitution aktiv. Viele hätten zeitweilig in Sonderkommissionen gearbeitet.
Erst zu Wochenbeginn hat die Bremer Polizei in zwei so genannten Modellwohnungen in der Neustadt zwei Frauen festgenommen. Sie sollen wegen illegaler Prostitution abgeschoben werden. „Nicht alle sind Opfer von Menschenhandel“, sagt Polizeisprecher Ronald Walther. „Viele sind regelrechte Kriminelle, die reisend von Prostitution leben.“ Wie viele Frauen zuletzt ausgewiesen oder ins Zeugenschutzprogramm übernommen wurden, um Hintermänner zu fassen, konnte er nicht sagen.
„Einen großen Graubereich jenseits von Menschenhandel“ erkennt auch Monika Heitmann von Nitribitt: „Viele Frauen wissen, was sie tun.“ Doch auch sie würden oft ausgebeutet. Der illegale Status erleichtere dies. Wirksamstes Mittel gegen illegale Prostitution sei eine Greencard. „Dann wären die Frauen, deren Dienstleistung nachgefragt wird, legal.“ Solange es das nicht gebe, sei Beratung wichtig. Die Kontaktaufnahme zu ausländischen Prostituierten sei wegen der Sprachprobleme aber umständlich. Derzeit betreue Nitribitt vier Frauen, die während einer offiziellen „Bedenkzeit“ mit entsprechendem Aufenthaltsstatus über eine Anzeige gegen ihre Peiniger nachdenken. Doch Vieles stehe nun wegen der mangelnden finanziellen Unterstützung wieder in Frage. ede
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