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Rot-grüne Bildungsreise

Willi Lemke will für die sechsjährige Grundschule „in den Wahlkampf ziehen“, den Schulleitern Verantwortung übertragen und die Schulbürokratie abschaffen. SPD und Grüne im Finnland-Rausch

Die Reise hat sich „wahnsinnig gelohnt“, sagt Bildungssenator Willi Lemke (SPD). Vier Tage Finnland und die bildungspolitische Gefechtslage in Bremen scheint verändert. „Wer nicht mit war, ist selber Schuld.“ Nicht dabei war die CDU – es scheint, als hätten SPD und Grüne derweil ihr bildungspolitisches Paket für die rot-grüne Koalition geschnürt. Ulrike Hövelmann, bildungspolitische Sprecherin der SPD: „Wir kommen voller Euphorie wieder.“ Lemke fragt betroffen: „Warum kriegen wir so eine Schule nicht hin?“

Hövelmann deutet an, wo die Antwort liegt: „Die Wahlperiode endet ja im Mai.“ Auf der einträchtigen Pressekonferenz nach der Bildungsreise saß Hövelmann links vom Senator, Dieter Mützelburg von den Grünen rechts. Zur Umsetzung der Erkenntnisse hieß es immer wieder: „in der nächsten Legislaturperiode“. Zum Beispiel die „Basisschule“ bis zur 6. Klasse für alle. „Dafür gehe ich in den Wahlkampf“, bekannte Lemke, „in den nächsten vier Jahren kann man das umsetzen“. Alle Kinder bleiben in der Grundschule zusammen, es gibt kein Sitzenbleiben, keine Notengebung. Und warum der Beschluss, die Notengebung in der 3. Klasse wieder einzuführen? „Nach einer Woche Finnland müsste das eigentlich widerrufen werden“, sagt die mitgereiste Schülervertreterin Lea Voigt. Lemke deutet Zustimmung an: „Der Senat setzt sich zusammen aus CDU und SPD.“ „Am liebsten“ würde er die Gesamtschule bis zur 9. Klasse einführen. Nachhilfe sei in Finnland Skandal, berichtet Hövelmann. Fördern betrachtet die Schule als ihre Aufgabe. Und auch das Fordern, ergänzt Dieter Mützelburg. Es gibt in den finnischen Gesamtschulen keine Klassen nach Leistung, aber wer schneller lernt, wird nicht als Störer des Durchschnittstempos behandelt. Von Klein auf gewöhnen sich die Schüler an selbständiges Lernen. Es gibt besondere Angebote und Kurse für die, die mehr lernen können und wollen. Über die Hälfte der SchülerInnen gehen nach der 9. Klasse auf ein Oberstufen-Kolleg, das zum Abitur führt. Leistungskontrollen und „Evaluation“ von Schülern – und Lehrern – ist selbstverständlich. Auch deshalb war für finnische SchülerInnen ein Test wie Pisa ganz normal, sagt Lemke. Die zentrale Kontrolle der Ergebnisse ist der Ersatz für unsere Schulverwaltung. Die Schulen sind selbständig, der Schulleiter stellt Lehrer und Honorarkräfte nach Bedarf ein. „In Finnland gibt es keine Schulaufsicht“, staunte Lemke. Ganz Finnland hat für seine 5,5 Millionen Einwohner so viele staatliche Behördenmitarbeiter für die Schulen wie der Städtestaat Bremen mit seinen 600.000 Einwohnern. Die Abschaffung der Verwaltung fasziniert Lemke. Mit der „Schulautonomie“, die vor zehn Jahren von FDP und Grünen ins Bremer Schulgesetz geschrieben wurde, von der SPD aber nie richtig gewollt war, soll jetzt Ernst gemacht werden. Das müsse man „sofort vorantreiben“, bekräftigt Hövelmann, “personell und wirtschaftlich“ sollen die Schulleitungen handlungsfähig werden. Sie hofft, dass die CDU wenigstens da mitmacht. Die Elternvertreterin Vera Biermanns bestaunte in Finnland die Folgen der Erziehung zu Eigenverantwortlichkeit: Wie sauber die Klassenzimmer sind! Wie gut ausgestattet! Wie sich Schüler und Lehrer respektieren! „Die gehen da gern in die Schule“, stellt Schülervertreterin Voigt fest. K.W.

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