: 5 Millionen Mark aus Liechtenstein
Neuer Verdacht gegen Möllemann: Wahlkampf möglicherweise mit Schmiergeld aus Panzergeschäft finanziert. Steuerbeamte entdecken dubiose Kontobewegungen. FDP-Chef Westerwelle rechnet mit Untersuchungsausschuss vor den Landtagswahlen
aus Köln PASCAL BEUCKER
Die Affäre um die finanziellen Machenschaften Jürgen W. Möllemanns lässt die FDP immer tiefer im Spendensumpf versinken. Erste Indizien weisen darauf hin, dass Möllemanns Wahlkampfmillionen möglicherweise aus einem der umstrittensten Rüstungsgeschäfte der Nachkriegszeit stammen: der Lieferung von 36 „Fuchs“-Spürpanzern 1991 nach Saudi-Arabien. Der Verdacht: Der damalige Bundeswirtschaftminister Möllemann, der das Geschäft des Thyssen-Konzerns vehement befürwortet hatte, könnte über einen Strohmann einen Teil der eingesetzten rund 220 Millionen Mark an Schmiergeldern kassiert haben.
Laut Spiegel sollen Steuerbeamte bei einer Betriebsprüfung bei Möllemanns Firma Web/Tec im Oktober darauf gestoßen sein, dass von 1995 bis 1999 insgesamt 5,2 Millionen Mark von der Liechtensteiner Briefkastenfirma Curl AG auf ein Web/Tec-Konto transferiert wurden. Wofür Möllemann das Geld bekommen habe, sei für die Betriebsprüfer nicht nachvollziehbar, da keine Schriftstücke existierten. Der FDP-Politiker habe lediglich angegeben, es handele sich um Honorare für „Beratertätigkeiten im Ölgeschäft“. Außerdem seien 1996 und 1997 rund eine Million Mark aus Monaco bei der Möllemann-Firma gelandet. Sie stammten von Möllemanns Freund Rolf Wegener. Er sei nach behördlichen Erkenntnissen Inhaber der panamesischen Briefkastenfirma Great Aziz Corp., die von 1991 bis 1994 für die Vermittlung des „Fuchs“-Panzer-Geschäfts mit Saudi-Arabien 8,93 Millionen Mark Provision erhielt. Die Fahnder gingen nun dem Verdacht nach, bei den Geldern könnte es ich um den Rückfluss von Thyssen-Schmiergeldern handeln. So könnte Wegener Möllemann als eine Art „Strohmann“ gedient haben.
Der Frage, ob bei dem Panzergeschäft Bestechungsgelder an Mitglieder der Regierung Kohl flossen, beschäftigte auch schon den Spendenuntersuchungsausschuss des Bundestags in der vergangenen Legislaturperiode. Damals geriet bereits die sonderbare Möllemann-Wegener-Connection ins Blickfeld. Aber der Fährte wurde damals nicht intensiver nachgegangen: Zwar wurden Möllemann und Wegener auf Antrag der PDS von dem Ausschuss als Zeugen benannt – allerdings dann doch nicht vernommen. In ihrem Abschlussbericht kam die rot-grüne Ausschussmehrheit zu dem Schluss, der Regierung Kohl könne weder Vorteilsnahme noch Bestechung im strafrechtlichen Sinne nachgewiesen werden. Gleichwohl könne aber von „politischer Korruption“ gesprochen werden.
FDP-Chef Guido Westerwelle hat seine Distanz zu Möllemann derweil vergrößert. Wenn sich die Vorwürfe „rechtsstaalich erhärten“, gebe es nur zwei Wege: „Entweder er tritt aus der FDP aus, oder er wird ausgeschlossen.“ Westerwelle sagte, er erwarte einen Untersuchungsausschuss zur FDP-Affäre, da sich die Grünen vor den Wahlen in Hessen und Niedersachsen diese Chance nicht entgehen ließen.
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