: Geschacher um die letzten Fische
Verhandlungen der Artenschutzkonferenz um bedrohte Tiere und Pflanzen gehen in entscheidende Phase. Japan kauftoffenbar Stimmen, um Kontrollen für Fisch- und Walfang zu lockern. EU-Staaten beim Schutz von Meerestieren uneinig
von HANNA GERSMANN
Um die Zukunft von Walen, Haien und Elefanten werde bei der internationalen Artenschutzkonferenz im chilenischen Santiago mit allen Tricks geschachert, beklagen Nichtregierungsorganisationen. Kurz vor dem Ende der Konferenz am nächsten Freitag kommt möglicherweise auch Schmiergeld zum Einsatz. „Es ist nicht auszuschließen, dass Geld fließt“, sagte gestern der WWF-Artenschutzexperte Roland Melisch der taz.
160 Staaten verhandeln seit dem 3. November über das Überleben bedrohter wild lebender Tier- und Pflanzenarten gemäß dem Washingtoner Artenschutzabkommen. Doch viele Länder stellten nicht den Naturschutz, sondern wirtschaftliche Interessen in den Vordergrund, so Melisch weiter.
Geht es um den Walfang, wird immer wieder Japan genannt. Melisch-Kollege Volker Homes, der die Verhandlungen in Santiago betreut, sagte gestern der taz: „Auffällig ist eine Gruppe von kleinen Staaten in der Karibik, die sich an die Meinung Japans heranhängen.“ Er meint Grenada, St. Vincent und die Grenadinen, St. Lucia, Dominica, Antigua und Barbuda, St. Kitts und Nevis. Seit 1987 hat Japan an diese Kleinstaaten – laut Angaben der Schweizer Walschutzkoalition – zusammen 160.000.000 US-Dollar Fischereibeihilfen gezahlt. Eine japanisch-karibische Partnerschaft, die sich offenbar auch in Santiago niederschlägt.
Dennoch wird Japan voraussichtlich auch auf dieser Konferenz mit dem Versuch scheitern, den internationalen Handel mit Walfleisch zu legalisieren. Am vergangenen Samstag fiel eine entsprechende Vorentscheidung. Die 160 Staaten werden aber erst diese Woche darüber abstimmen. Dessen ungeachtet lief am Wochenende wieder eine japanische Walfangflotte aus.
In den nächsten Tagen steht der Schutz weiterer wirtschaftlich bedeutender Arten auf der Tagesordnung der Weltkonferenz. Nach Ansicht von Volker Homes werden aber auch dabei die Fischereiinteressen im Vordergrund stehen: „Viele der vorgebrachten Wirtschaftsargumente gegen Handelskontrollen bei Fisch und Fischprodukten, die gerade von führenden Fischereinationen in die Debatte eingebracht werden, blockieren eine konstruktive Lösung.“ Dabei sei der Zustand vieler Fischbestände katastrophal, die Überwachung der Quoten mangelhaft.
Europäische Fischereinationen wie Frankreich oder Spanien tragen dafür eine Mitverantwortung. Sie fischen zum Beispiel neben Japan und Chile auch den Schwarzen Seehecht. Für diesen Fisch hat Australien auf dieser Konferenz zum ersten Mal einen Antrag gestellt, den Handel zu kontrollieren. 240.000 Tonnen wurden seit 1996 aus dem südlichen Polarmeer gefischt und verkauft. Die Hälfte stammt aus illegalen und unregulierten Fängen, weil der Fang für Piratenfischer ein lukratives Geschäft ist. Vor den Küsten Patagoniens ist der Schwarze Seehecht bereits so gut wie verschwunden. Die Fischereiflotten beuten nun neue Gebiete rund um die Antarktis aus.
Zusammen mit Japan bremsen nun Frankreich und Spanien die Debatte um Handelskontrollen. Das führt zu einer Zerreißprobe in der Europäischen Union. Denn die EU-Mitglieder sind nach dem EU-Vertrag verpflichtet, einheitlich abzustimmen. Können sie sich nicht einigen, werden sie sich enthalten müssen. Hinter den Kulissen laufen intensive Verhandlungen.
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