: Schlafes Baby
Schlafen auf dem Bauch, beraucht werden, keine Muttermilch bekommen: Der plötzliche Säuglingstod hat mindestens drei Risikofaktoren
von SANDRA WILSDORF
Die gute Nachricht: Die Zahl der plötzlichen Säuglingstode sinkt. Die schlechte Nachricht: Noch immer sterben in Deutschland pro Jahr 600 bis 700 Babys plötzlich und auf unerklärliche Weise. In Hamburg kommt es etwa einmal im Monat vor, dass Eltern ihr Baby tot in der Wiege finden, ohne dass sich dafür eine Ursache ermitteln lässt. „Wir sind mit den Zahlen noch nicht zufrieden“, sagt Norbert Lettau, Leiter des Amtes für Gesundheit und Verbraucherschutz. Er fordert deshalb öffentliche Aufmerksamkeit für ein Unglück, das in vielen Fällen vermeidbar ist.
Denn dass die Zahl der plötzlichen Säuglingstode in Hamburg in den vergangenen zwölf Jahren von 35 auf unter 15 pro Jahr gesunken ist, liegt wohl nur daran, dass sich unter Eltern herumgesprochen hat, dass Babys nicht auf dem Bauch schlafen gelegt werden sollen. Das ist nämlich der Hauptrisikofaktor für den plötzlichen Tod. Jan Sperhake vom Institut für Rechtsmedizin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) sagt: „Es gibt nur Theorien, warum das so ist. Eine davon besagt, dass Kinder auf dem Bauch fester schlafen – weshalb man sie früher gerade so hinlegte. Aber sie wachen so auch weniger leicht auf, wenn ihnen etwas fehlt.“
Nach einer anderen These wird beim Bäuchlings-Schlaf die Luft knapp: „Manchmal werden die Kinder mit dem Gesicht in die Matratze eingesunken gefunden“, sagt Sperhake. Dabei gebe es einen Rückatmungseffekt, „als wenn man in eine Plastiktüte atmet“.
Die Hamburger Gesundheitsbehörde hat schon 1995 alle zusammengebracht, die bei der Bekämpfung des plötzlichen Säuglingstodes helfen können: Kinder- und Jugendärzte, Hebammen, die Hamburger Arbeitsgemeinschaft für Gesundheitsförderung, das Institut für Rechtsmedizin und auch das Büro für Suchtprävention. Denn jede gerauchte Zigarette – egal ob während der Schangerschaft oder in der Umgebung des Babys – erhöht das Risiko eines plötzlichen Todes. Dritter Risikofaktor ist das Nichtstillen: Denn wer die Abwehrstoffe der Muttermilch nicht bekommt, für den können Infekte tödlich werden, die so klein sind, dass die Eltern sie gar nicht bemerken.
Wenn ein Baby unter ungeklärten Umständen stirbt, wird es grundsätzlich im Institut für Rechtsmedizin obduziert. „Etwa einmal im Jahr kommt dabei heraus, dass die Ursache des Todes ein Gewaltdelikt war“, sagt Sperhake. In allen anderen Fällen aber liegt fast immer mindestens einer der drei beschriebenen Risikofaktoren vor.
Informationen gibt es unter anderem bei der Hamburgischen Arbeitsgemeinschaft für Gesundheitsförderung (HAG), ☎ 632 22 20. Im Internet gibt es Informationen einer Elterninitiative unter www.sids.de.
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