: Fragen an die Staatsgewalt
Statt Hooligans nahm die Bremer Polizei vor dem Werder-Spiel gegen Vitesse Arnheim am Brill eine Frau fest, die sich höflich nach dem Grund des Einsatzes erkundigt hatte
Mannschaftswagen wenden mit quietschenden Reifen auf dem Ansgarikirchhof und sausen mit heulendem Motor davon. Passanten können gerade noch zur Seite springen. Die Bremer Polizei war gestern sehr nervös, angesichts von einigen Tausend lautstarken niederländischen Fußballfans. „Wir haben alle Hände voll zu tun“, heißt es aus der Pressestelle. „Vereinzelt fliegen auch mal Flaschen auf Autos, und wir haben einige Randalierer in Gewahrsam genommen.“
Zugriff am Brill: Ein Dutzend junger Männer muss sich vor der Sparkasse aufstellen, Hände hoch, Beine breit, Ausweiskontrolle. „Ik bin eine vrije Mann“, beklagt sich einer. „Aber hier bist du in der Bundesrepublik“, antwortet die Staatsmacht. Eine ergraute Dame tritt hinzu, fragt höflich, was vor sich geht. „Das geht Sie gar nichts an“, zischt eine junge Polizistin. „Geh‘n Sie weiter.“ Die Dame fragt noch einmal. „Die haben hier randaliert. Und jetzt geh‘n Sie“, schnauzt ein Beamter. Als die Dame sich über den Ton beschwert, wird sie schon von einem jungen Kollegen zum Einsatzwagen gedrängt. Einsteigen soll sie, will aber nicht. „SIE GEH‘N DA JETZT REIN!“, brüllt ihr der Jüngling ins Gesicht, so dass man es auf der anderen Straßenseite verstehen kann. „Ich seh’ zwar alt aus, aber ich hör’ noch ganz gut“, antwortet sie trocken, gehorcht aber nicht. Plötzlich wird die zarte Person von drei Polizisten rüde in das Fahrzeug bugsiert, Tür zu. Drin setzt es Knüffe, eine Polizistin zieht sie an den Haaren. Zeugen werden verscheucht: „Da rüber, sonst nehmen wir dich auch mit.“
Als sie wieder aussteigt, hat man die Hooligan-Verdächtigen längst laufen lassen. Anna K., 51, zittert ganz leicht. Sie reibt sich die schmerzenden Daumen und sagt: „Die haben sie mir zu zweit umgebogen. Und meine Tasche haben sie mir zwischendurch auch weggenommen.“ Kopfschüttelnd sagt sie, sie sei doch auch im öffentlichen Dienst, hätte mit Drogenabhängigen zu tun. „Aber so was hab’ ich noch nicht erlebt. Ich geh’ jetzt zum Innensenator, mich beschweren.“ jank
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen