USA unverändert auf Bush-Kurs

Trotz Saddams Offerte wollen die USA eine neue UN-Resolution. Waffeninspektoren sind nur ein Punkt auf Bushs langer Forderungsliste

WASHINGTON taz ■ In ersten Stellungnahmen machte das Weiße Haus deutlich, dass es vom Angebot Husseins nichts halte. Noch am Montagabend veröffentlichte es eine Erklärung, in der Bagdad vorgeworfen wird, allein aus taktischen Gründen gehandelt zu haben. Ziel sei es, ein Vorgehen des Weltsicherheitsrates gegen das Land zu blockieren. Diese Taktik werde keinen Erfolg haben. „Hier geht es nicht um Inspektionen“, hieß es. Die Regierung von Präsident George W. Bush bestehe weiterhin darauf, dass die irakischen Massenvernichtungswaffen beseitigt werden. Zudem müsse der Irak auch alle übrigen UN-Resolutionen befolgen.

Die Ankündigung aus Bagdad zielt darauf ab, Bushs Bemühungen zu unterwandern, sich durch die Vereinten Nationen einen Militärschlag autorisieren zu lassen. Wie erste internationale Reaktionen zeigen, ist es dem Irak bereits gelungen, die in den vergangenen Tagen geschlossener werdende Front gegen ihn aufzuweichen.

Durch den irakischen Schachzug wird es den USA schwerer fallen, die internationale Gemeinschaft zu harten Maßnahmen gegen das autokratische Regime in Bagdad zu bewegen. Doch Washington hat vorerst keine andere Wahl, will es sein gerade neu aufgelegtes multilaterales Gesicht nicht verlieren. Dies ist ein erster Lackmustest für die Bush-Regierung. Auch wenn sie oft genug keinen Hehl daraus gemacht hat, dass sie Inspektionen als Zeitverschwendung betrachtet, die vom eigentlichen Ziel ablenken, Iraks chemische, biologische oder gar nukleare Kapazitäten zu zerstören und: Saddam zu stürzen. Diese eigentliche Intention im Weißen Haus – übrigens bereits unter dem ehemaligen Präsidenten Bill Clinton zum zentralen außenpolitischen Ziel der US-Regierung erhoben – stößt jedoch international auf Ablehung. Noch am Montag sprach sich der französische Außenminister Dominique de Villepin entschieden gegen einen gewaltsamen Regimewechsel im Irak aus. Dies sei kein UN-Auftrag.

Die Bush-Regierung muss daher im UN-Sicherheitsrat für eine neue Resolution werben. Der Kommunikationschef des Weißen Hauses, Dan Bartlett, hofft, dass die Erfahrungen aus der Vergangenheit mit dem Irak den Sicherheitsrat überzeugen werden, auf den neuen Vorstoß aus Bagdad nicht mit einem simplen „Kniereflex“ zu reagieren und sofort einzulenken. „Dies darf an unserer Haltung überhaupt nichts ändern“, so Bartlett. Auch erste Signale aus dem Außenministerium legen den Schluss nahe, dass der Brief aus Bagdad nichts an der Einstellung der USA ändern werde. Bestenfalls signalsiere er Einlenken von Seiten des Iraks, heißt es. Ansonsten sei die Ankündigung ein weiteres falsches Versprechen. Ungeachtet des Kooperationsangebotes aus Bagdad werden die USA auf jeden Fall eine neue Resolution mit drei Elementen im Sicherheitsrat anstreben: Sie soll feststellen, dass der Irak die bisherigen Resolutionen verletzt hat, einen detaillierten Forderungskatalog auflisten und Konsequenzen benennen, falls Bagdad sich nochmals weigert, den Forderungen nachzukommen.

Die Amerikaner werden den Hebel in den kommenden Tagen dort ansetzen, wo der Brief mit der neuen Position des Iraks an den UN-Generalsekretär Kofi Annan schweigt. Hussein stimmte lediglich Inspektionen ohne Vorbedingugen zu. Er versprach weder, alte UN-Resolutionen einzuhalten noch Waffenarsenale offen zu legen oder gar zu zerstören. Das Schreiben enthielt auch keineAussagen über andere von Bush in seiner Rede vor der UN-Vollversammlung geforderten Verbesserungen der Menschenrechte und die Klärung der Kriegsgefangenenfrage.

Auch für die innenpoltische Rückendeckung braucht Bush eine UN-Resolution. Nach wochenlanger Kritik an seinem Irakkurs gewann er mit dem Gang vor die Weltorganisation endlich die nötige Unterstützung im Kongress, unter Demokraten und moderaten Republikanern. Einen möglichen Alleingang kann Bush nur rechtfertigen, wenn er diese „letzte Etappe“, zu der er offenbar nicht aus eigener Einsicht gelangte, sondern nicht zuletzt von Außenminister Colin Powell überredet wurde, auch bis zu Ende geht. MICHAEL STRECK