hickhack: Perschau fällt Merkel in den Rücken
Mitschuld an Wählerbetrug?
Der Streit um einen eventuellen Untersuchungsausschuss „Wählerbetrug“ im Bundestag schlägt hohe Wellen. Gestern hat sich der Bremer Finanzsenator Hartmut Perschau (CDU) eingemischt. In einem Radiointerview schloss er nicht aus, dass Union und FDP mit verantwortlich dafür sind, dass die Finanzlage des Staates im Bundestagswahlkampf nicht so schlecht dargestellt wurde, wie sie sich nach der Wahl schließlich präsentiert hat.
„Die Länder kannten die Situation sehr wohl und haben sie auch beschrieben“, sagte Perschau im Deutschlandfunk. Es sei der Bundesregierung aber gelungen, im Wahlkampf einen anderen Eindruck zu vermitteln. „Da mag auch die Opposition Mitschuld daran gehabt haben.“
Der SPD-Generalsekretär Olaf Scholz kritisierte indes die Forderung der CDU nach einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss unter Berufung auf Perschau als „künstliche Aufregung“: „Der Ruf der Union nach einem Untersuchungsausschuss ist völlig widersinnig.“ Das habe der Bremer Finanzsenator mit seinem Interview im Deutschlandfunk deutlich gemacht: „Perschau hat eingeräumt, dass Union und FDP im Wahlkampf die Finanzlage des Staates nicht richtig dargestellt haben.“
Für Scholz ist das „kein Wunder“ – in ihrem Wahlprogramm habe die CDU schließlich selbst Maßnahmen versprochen, die finanziell völlig illusorisch waren. So wären allein die Steuerausfälle, die durch die von der Union versprochene Senkung des Spitzensteuersatzes auf 40 Prozent entstanden wären, größer als alle jetzt „konjunkturbedingten“ Steuerausfälle von Bund, Ländern und Gemeinden. Zähle man alle von der CDU/CSU im Wahlkampf versprochenen Wohltätigkeiten zusammen, hätte das 70 Milliarden Euro gekostet. Es sei die Union, die im Wahlkampf den Wählern Märchen erzählt habe.
„Perschau ist der ehrliche Mann der CDU“, so Scholz.
Perschau wäre nicht Perschau, würde er dies Kompliment ohne weiteres auf sich sitzen lassen: Als „weiteren Versuch der Vernebelung“ bezeichnet er Scholz‘ Statement. „Ich habe zu keinem Zeitpunkt von einer Mitverantwortung der Opposition für die irreführende Darstellung der Haushaltslage des Bundes vor der Bundestagswahl gesprochen. Ich habe vielmehr deutlich gemacht, dass es der Regierung Schröder im Bundestagswahlkampf gelungen war, die wahre Lage erfolgreich zu verschleiern“, rudert der Stellvertretende CDU-Landeschef zurück. Die Opposition habe nur naturgemäß nicht über diejenigen Informationen verfügen können, über die die Regierung und die sie tragenden Abgeordneten offensichtlich verfügt hätten – zumindest wenn man den Äußerungen des ehemaligen Haushaltssprechers von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag, Oswald Metzger, Glauben schenken könne, der der Regierung Betrug vorgeworfen hat. „Ich bin also der denkbar ungeeignete Kronzeuge für den SPD-Generalsekretär“, erklärte Senator Perschau.
dpa/jank
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