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Abflugbereite Albatrosse

Basketballverein Alba Berlin erwägt Umzug in neue Anschutz-Halle am Ostbahnhof. Rechnungshof fordert höhere Gebühren für bisherige Spielstätte. Politiker wollen Alba in Schmeling-Halle halten

von STEFAN ALBERTIund SUSANNE LANG

Berlins Sportpolitik rutscht in einen Spagat: Wie den Basketballbundesligisten Alba in der landeseigenen Max-Schmeling-Halle halten, wenn der Rechnungshof bereits zu günstige Gebühren für den Profiverein kritisiert? Und Alba gleichzeitig einen Ortswechsel erwägt: in die geplante 17.000-Plätze-Arena der weltweit agierenden Anschutz-Gruppe – ein Prestigeobjekt des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit. 2006 soll sie am Ostbahnhof stehen.

„Wir führen Gespräche mit Alba“, bestätigt Detlef Kornett, Managing Director der Anschutz Entertainment Group (AEG) Europe auf Anfrage. Konkrete Ergebnisse lägen zwar noch nicht vor, so Alba-Manager Carsten Kerner. Es sei aber selbstverständlich, über einen Umzug nachzudenken, wenn die neue Halle gebaut werde: „Unter Umständen wird sie zum neuen Aushängeschild der Stadt.“ Heute befasst sich der Sportausschuss des Abgeordnetenhauses mit den Auswirkungen der Privatkonkurrenz.

Die erst 1997 eröffnete Schmeling-Halle in Prenzlauer Berg mit fast 7.600 Sitzplätzen war im Zusammenhang mit der gescheiterten Berliner Olympia-Bewerbung für fast 105 Millionen Euro gebaut worden. Alba spielt dort im Schnitt vor 6.000 Zuschauern. „Eine topmoderne Halle bedeutet für Alba eine Verbesserung der Bühne, auf der wir unser Produkt vermarkten können“, erklärt Kerner. Auch wenn sich Alba wohl fühle in der Schmeling-Halle und mit den Trainingsbedingungen zufrieden sei, könnten finanzielle Aspekte den Abschied erleichtern.

Der Rechnungshof hatte jüngst bemängelt, dass Alba jährlich nur 18.700 Euro für die Nutzung an das Land zahle. Berlin wiederum zahlt dem Hallenbetreiber 600.000 Euro für die Basketballspiele. Diese indirekte Förderung soll laut Rechnungshof „umgehend“ eingestellt werden. Die sportpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Iris Seidel-Kalmutzki, hätte nichts dagegen, Alba stärker zur Kasse zu bitten: „Die Gebührenordnung kann ruhig mal ausgeschöpft werden.“ Alba-Manager Kerner sieht das anders. „Auch wir müssen unsere Kosten unter Kontrolle halten, zumal wir jetzt schon gutes Geld für die Halle zahlen.“ In anderen europäischen Ländern sei es üblich, dass Kommunen oder Länder die Spielstätten zur Verfügung stellen: „Wir müssen wettbewerbsfähig bleiben.“

Dass Alba an einen Umzug denkt, ist bei Sportexperten im Abgeordnetenhaus nicht bekannt. Noch reichten die Kapazitäten der Halle, meint Seidel-Kalmutzki. Sportausschusschef Michael Borgis (CDU) sieht das ähnlich: „Ein Umzug wäre auch von der Stimmung her dumm: Außer bei ein paar Europacupspielen wäre die neue Halle doch nie ausgelastet, da verlieren sich die Zuschauer doch.“ Dass eine größere Halle durchaus mehr Fans anlocken kann, hat Alba selbst gezeigt: Vor dem Umzug in die Schmeling-Halle spielte das Team vor weniger Publikum in einer kleineren Halle.

Mieke Senftleben (FDP) will abwarten, ob die Konkurrenz am Ostbahnhof überhaupt kommt: „Ich sehe die Anschutz-Halle noch nicht so richtig.“ Ähnliche Zweifel äußerte auch die Grüne Felicitas Kubala. Kommt die neue Arena, hätte die Schmeling-Halle allerdings ein Problem – darüber sind sich Sportpolitiker fast quer durch die Bank einig. Borgis wäre dann bereit, trotz der Rechnungshofkritik den Basketballern noch weiter entgegenzukommen: Berlin müsse sich bemühen, Alba in der Schmeling-Halle zu halten: „Geringere Einnahmen sind immer noch besser als gar keine Einnahmen.“

Der Betreiber der Schmeling-Halle, die Firma Velomax, befürchtet hingegen auch bei einem Umzug von Alba keine Umsatzeinbußen. „Wir haben bereits jetzt mehr Anfragen von Veranstaltern als Kapazität“, so Velomax-Geschäftsführer Sally Julian Rothholz. Dennoch sei es selbstverständlich, dass man alles tun werde, um den Verein zu halten. „Alba ist ein guter Partner, der mit 35 Spielen pro Jahr für eine gute Auslastung sorgt.“

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