: Väter schöpfen wieder Hoffnung
Das Bundesverfassungsgericht überprüft, ob das alleinige Sorgerecht der Mutter bei nichtehelichen Kindern mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Viele Verbände plädieren dafür, dass der Vater die gemeinsame Sorge notfalls auch einklagen kann
aus Karlsruhe CHRISTIAN RATH
Montags bis mittwochs lebt der neunjährige Jonathan bei seinem Vater, mittwochs bis freitags bei seiner Mutter. An den Wochenenden wechseln sich die beiden nicht verheirateten und seit Jahren getrennt lebenden Eltern ab. Doch Vater Christian Gampert, ein Tübinger Journalist, ist nicht zufrieden. Er würde gerne mit der Mutter gemeinsam das Sorgerecht ausüben, das sie ihm mit Billigung der Zivilgerichte verweigert. Gampert hat deshalb Verfassungsbeschwerde eingelegt, über die das Bundesverfassungsgericht gemeinsam mit einem anderen Fall gestern verhandelte.
Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch hat bei unehelichen Kindern zunächst die Mutter das alleinige Sorgerecht. Das heißt, sie kann alleine entscheiden, wo das Kind lebt, welche Schule es besucht, ob eine wichtige Operation durchzuführen ist. Nur wenn nicht verheiratete Eltern sich auf eine „Sorgeerklärung“ einigen, können sie die elterliche Sorge gemeinsam ausüben. Deshalb kann der Vater das Sorgerecht nicht gegen den Willen der Mutter erlangen. Ihm bleibt im Konfliktfall, zum Beispiel nach einer Trennung, nur ein Umgangsrecht für gelegentliche Besuche beim Kind.
Der Bundesgerichtshof hatte diese Regelung im April 2001 für grundgesetzkonform erklärt, da Schwangerschaft und Geburt eine besonders enge Beziehung zwischen Mutter und Kind begründeten. Außerdem müsse im Interesse des Kindeswohls unnötiger Streit vermieden werden.
In der Verhandlung vor dem Verfassungsgericht war die Stimmung nun aber ganz anders. Fast alle gestern angehörten Verbände – vom Verein „Väter für Kinder“ bis zum Juristinnenbund – hielten die derzeitige Rechtslage für verfassungswidrig. Hier liege nicht nur ein unzulässiger Eingriff in Rechte der Väter vor, sondern auch eine Benachteiligung von nichtehelichen Kindern. Diesen werde ein voll verantwortlicher Vater vorenthalten, auch wenn er bereit sei, seine Rolle wahrzunehmen. Für die aktuelle Gesetzeslage sprachen sich nur der Verband alleinerziehender Mütter und Väter aus, sowie – völlig leidenschaftslos – die Bundesregierung.
Dabei geht es weniger um die grundsätzliche Zuordnung des Kindes zur Mutter. Denn nur so kann bei zweifelhafter Vaterschaft gleich nach der Geburt rechtliche Klarheit geschaffen werden. Kritisiert wurde, dass es keine Möglichkeit gebe, die gemeinsame Sorge in Einzelfällen auch gegen den Willen der Mutter gerichtlich anzuordnen.
Nach Angaben des Anwalts Peter Finger verweigert jede zweite Mutter ein gemeinsames Sorgerecht mit dem Vater des nichtehelichen Kindes. Barbara Mauer, betroffene Mutter, legte im Gerichtssaal ihre Beweggründe dar: „Es läuft für alle Beteiligten besser, wenn ich und das Kind Rechtssicherheit haben.“ Christian Gampert hielt dem entgegen: „Was bekommt mein Kind für ein merkwürdiges Vaterbild, wenn ich bei allen wichtigen Fragen nichts zu sagen habe?“
Mit seinem rechthaberischen Auftritt hat Gampert der Vätersache gestern allerdings nicht nur Freunde gemacht. „Auch Sie können noch was lernen“, blaffte er etwa Gerichtspräsident Hans-Jürgen Papier an, als der ihn zur Kürze mahnte. Das Gericht wird seine Entscheidung in einigen Wochen verkünden.
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