: Möllemann ohne Entlastung
Parteienrechtler Morlok: Stückelung der FDP-Spenden war auch dann rechtswidrig, wenn das Geld vom früheren Parteivize selbst stammt – wie seine Anwälte behaupten
KÖLN taz ■ Im Spendenskandal um Jürgen W. Möllemann bezweifeln Experten, dass der frühere FDP-Vize durch die Erklärung seiner Anwälte vom Mittwoch tatsächlich entlastet wird. Der Düsseldorfer Rechtsprofessor Martin Morlok griff die Verteidigungsstrategie Möllemanns gestern an. „Als Parteienrechtler bin ich schockiert, dass Herr Möllemann als Entlastung genau das vorträgt, was das Gesetz verhindern will“, sagte Morlok der taz. Möllemann hatte über seine Anwälte Eberhard Kempf und Annette Marberth-Kubicki gegenüber der Düsseldorfer Staatsanwaltschaft erklären lassen, die 980.000 Euro zur Finanzierung seines Anti-Friedman-Flyers deswegen gestückelt und verschleiert zu haben, um nicht als Großspender geoutet zu werden.
Morlok bezweifelt, dass Möllemann mit seiner Argumentation Erfolg haben wird. „Auf den ersten Blick erscheint sie zwar als pfiffige Idee, aber ich glaube nicht, dass er damit durchkommt“, so der Direktor des Instituts für Deutsches und Europäisches Parteienrecht und Parteienforschung. Denn das Parteiengesetz verbiete die Stückelung und Verschleierung von Spenden durch den Empfänger. Möllemann sei nicht nur Geber, wie von ihm angegeben, sondern auch Empfänger gewesen, da er als FDP-Landeschef allein geschäftsberechtigt gewesen sei. Außerdem vertrage sich seine Sichtweise nicht damit, dass die gestückelten Einzahlungen unter falschen Namen offenbar vorrangig von Mitarbeitern der FDP-Landesgeschäftsstelle auf seine Anweisung hin vorgenommen wurden. Wie die taz aus Justizkreisen erfuhr, soll dafür der inzwischen entlassene NRW-FDP-Landesgeschäftsführer Hans-Joachim Kuhl zuständig gewesen sein. Insgesamt ermittelt die Staatsanwaltschaft inzwischen auch gegen neben Möllemann vier weitere beschuldigte FDP-Mitglieder.
Ein weiteres Entlastungsargument der Möllemann-Anwälte könnte sich zudem als Bumerang erweisen. So behaupten sie, ihr Mandant könne schon deswegen nicht gegen das Parteiengesetz verstoßen haben, weil es sich bei dem Sonderkonto, von dem die Versandkosten in Höhe von rund 840.000 Euro für den Flyer abgebucht wurden, nicht um ein Partei-, sondern um ein Privatkonto Möllemanns gehandelt habe. Nur: Auch wenn sich diese Auffassung rechtlich halten ließe, was sowohl die Staatsanwaltschaft als auch Morlok bestreiten, gibt es da noch ein zweites Konto, auf das er Geld gestückelt von fingierten Spendern einzahlen ließ. Die 140.000 Euro zur Begleichung der Druckereirechnung gingen unzweifelhaft von Möllemann direkt an die FDP: auf das Geschäftskonto der Landespartei.
Spannend bleibt zudem die Frage, aus welcher Quelle sich die Spendierfreudigkeit Möllemanns speiste. Gegenüber der Staatsanwaltschaft gab er an, es handele sich um Geschäftseinkünfte seiner Firmen, speziell WebTec. Allerdings verdichten sich die Hinweise, dass das Geld für den Flyer von einem Konto Möllemanns in Luxemburg kommt. Nach Informationen des ARD-Magazins „Monitor“ stammt das Geld auf diesem Konto von Überweisungen aus Liechtenstein und Monaco Mitte der Neunzigerjahre. Die Staatsanwaltschaft will nun ein Rechtshilfeersuchen an die Behördern in Luxemburg stellen.
Außerdem prüfen die Staatsanwälte nach Angaben eines Sprechers jetzt intensiv, ob sie ihre Ermittlungen auch auf die Zeit vor 2002 ausweiten. FDP-Bundesschatzmeister Günter Rexrodt teilte gestern mit, dass bereits für das Jahr 1999 „erhebliche Unregelmäßigkeiten“ bei den Spendeneingängen der seinerzeit von Möllemann geführten nordrhein-westfälischen FDP festgestellt wurden. Bislang hatte Rexrodt neben der umstrittenen Finanzierung des Anti-Friedman-Flyers nur über ungeklärte Zahlungen für 2000 berichtet. PASCAL BEUCKER
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