piwik no script img

Schüssel triumphiert

Sensationeller Wahlsieg für die Konservativen in Österreich. ÖVP gewinnt mehr als 15 Prozent. Jörg Haiders FPÖ im freien Fall. Kanzler Wolfgang Schüssel kann sich Koalition aussuchen

WIEN ap/rtr/taz ■ Es war ein Tag der Superlative: Bei den gestrigen vorgezogenen Parlamentswahlen in Österreich erreichte die regierende Österreichische Volkspartei (ÖVP) Hochrechnungen zufolge 42,4 Prozent der Stimmen. Die Steigerung von rund 15,5 Prozentpunkten im Vergleich zu 1999 ist der größte Stimmenzuwachs einer Partei in der Nachkriegsgeschichte Österreichs.

Die ÖVP ist auch erstmals seit 1966 stärkste Partei im Nationalrat. Einen weiteren Rekord, allerdings mit negativem Vorzeichen, stellten die Freiheitlichen (FPÖ) auf, die bis zum Koalitionsbruch im September an der Regierung beteiligt gewesen waren. Sie stürzten um 16,6 auf 10,3 Prozent ab.

Die oppositionellen Sozialdemokraten (SPÖ), die die meisten Meinungsforscher vor den Wahlen mit der ÖVP gleichauf gesehen hatten, verbesserten sich um 3,9 Prozent und landeten mit 37,0 Prozent abgeschlagen auf dem zweiten Platz. Die Grünen blieben mit einem Ergebnis von 8,7 Prozent nahezu konstant. Mit dem Wahlergebnis kann Wolfgang Schüssel jedwede Koalition anpeilen. Schwarz-Blau ist ebenso möglich wie Schwarz-Rot oder Schwarz-Grün.

„Wir danken dem lieben Gott, dass er unserem Wolfgang Schüssel so viel Kraft gegeben hat, das alles durchzustehen“, sagte ÖVP-Generalsekretärin Maria Rauch-Kallat in einer ersten Reaktion in Wien. Die Österreicher hätten den Kurs der scheidenden Regierung bestätigt. Deren so göttlich gestärkter Chef und Bundeskanzler könnte jetzt eine Neuauflage mit der FPÖ wagen. Der alte und potenziell neue Koalitionspartner hielt sich gestern Abend jedoch noch bedeckt. „Wir haben unser Wahlziel nicht erreicht“, sagte der FPÖ-Chef und Vertraute des Kärntner Landeshauptmanns Jörg Haider, Herbert Haupt, lediglich. Beobachter wollten aber auch das bekannte Modell einer großen Koalition von SPÖ und ÖVP nicht ausschließen.

Für einen innenpolitischen Angriff auf die Berliner Bundesregierung versuchte die CDU-Vorsitzende Merkel den Wahlausgang beim Nachbarn zu nutzen. Das Ergebnis zeige, dass Schüssels Kurs richtig ist, teilte sie in Berlin mit. „Es ist eine Ohrfeige für alle, die wie die deutsche Bundesregierung den Boykott gegen den österreichischen Bundeskanzler Schüssel und seine Regierung initiiert haben.“ BO

brennpunkt Seite 3

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen