: Stadtreinigung soll unter die Lupe
Grüne und Liberale wollen Extra-Ausschuss für BSR und Abfallpolitik im Land. Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD) will Biomüll ab 2005 von Privatfirmen einsammeln lassen – die Stadtreinigung will ihn nicht mehr
Die Stadtreinigung (BSR) kommt möglicherweise unter engere Beobachtung. Berlin ist zwar bereits hundertprozentige Eigentümerin und stellt mit Wirtschaftssenator Harald Wolf (PDS) den Chef des Aufsichtsrats. Den Fraktionen von Grünen und FDP reicht das nicht länger aus: Sie fordern zur Kontrolle besondere Parlamentsausschüsse. Mit der Forderung nach schnellstmöglichem Verkauf der BSR blieben die Liberalen in der gestrigen Plenarsitzung allein. Hintergrund sind die jüngste Gebührenpanne und die Kritik an BSR-Plänen für mehr Müllverbrennung in Berlin.
Über die Form der Kontrolle sind sich die Fraktionen bislang uneins. Die Grünen fordern einen Unterausschuss „Abfall“ des Umweltausschusses, die Liberalen verlangen einen mit Ermittlungsbefugnissen ausgestatteten Untersuchungsausschuss. Er soll unter anderem klären, welche Hintergründe die jüngste BSR-Panne hat. Das Unternehmen hatte zu Monatsbeginn eingeräumt, dass es seit 1999 rund 60 Millionen Euro Gebühren zu viel eingezogen hat. Ob wegen dieser Panne Köpfe rollen, soll sich bei der BSR-Aufsichtsratssitzung am 4. Dezember klären. Bis dahin sollen Wirtschaftsprüfer einen Bericht vorlegen.
Unabhängig von der Gebührenpanne sind die BSR wegen ihres Müllkonzepts in der Kritik, das im Kern vorsieht, die Verbrennungsanlage in Ruhleben auszubauen. Nach BSR-Plänen würde dort zukünftig nicht mehr die Hälfte, sondern drei Viertel des Berliner Restmülls verbrannt. Hintergrund ist eine Verordnung des Bundes, nach der ab 2005 nicht mehr wie jetzt die Hälfte des Berliner Mülls direkt auf Deponie wandern kann.
Nach Kritik aus allen Fraktionen mochte sich jetzt auch Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD) nicht an das BSR-Konzept binden. Falls sich der bisherige Deponie-Abfall in anderen Müllverbrennungsanlagen billiger beseitigen oder auf andere Art und Weise verwerten lässt, soll Ruhleben nur modernisiert, nicht aber ausgebaut werden.
Strieder kündigte auch an, die Biomüllsammlung ab 2005 an Privatfirmen zu vergeben. Das entspricht einer Forderung der Grünen-Fraktion. Ihre umweltpolitische Sprecherin Felicitas Kubala geht davon aus, dass sich bei besserer Werbung für Mülltrennung deutlich mehr Bioabfälle sammeln und damit aus dem Restmüll heraushalten ließe. Laut BSR-Konzept fällt die Biotonne 2005 weg.
STEFAN ALBERTI
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