piwik no script img

Schmidt: Kassenbeiträge könnten steigen

Gesundheitsministerin entdeckt Finanzlöcher bei den Krankenkassen und schließt nicht mehr aus, dass Versicherte mehr zahlen müssen. Bei der Altersversorgung Appell an Arbeitnehmer: Schnell noch Riester-Rente abschließen!

BERLIN taz/rtr ■ „Ich lese keinen Kaffeesatz und bin auch keine Hellseherin“, so kommentierte Ulla Schmidt gestern Vermutungen, dass die Krankenkassenbeiträge demnächst weiter steigen könnten. Zuvor hatte die Bundessozialministerin bestätigt, dass die Krankenkassen im Jahr 2002 voraussichtlich mit einem Defizit von zwei Milliarden schließen werden. Bisher hatte Schmidt mit einem Loch von 1,2 bis 1,5 Milliarden Euro gerechnet.

Als Grund für das Milliardenloch in diesem Jahr nannte die Ministerin vor allem den Anstieg bei den Arznei- und Klinikausgaben. Auf die Forderung der Kassenärzte, die Arzneimittelausgaben nochmals um rund 6 Milliraden Euro aufzustocken, reagierte sie darum mit Unverständnis. „Es gibt keinen Grund, die Budgets auszuweiten“, sagte Schmidt. Die Ärzte hätten Verträge ausgehandelt, die die Budgets steuern sollen, und noch nicht mal das habe funktioniert.

Erst kürzlich hatte Ulla Schmidt ein Sparpaket geschnürt. Darin ist eine Nullrunde für Krankenhausärzte vorgesehen. Die Preise für zahntechnische Leistungen sollen sinken und die Pharmafirmen, Arznei-Großhändler und Apotheken sollen den Krankenkassen Rabatte gewähren. Dieses Notprogramm, das heute im Bundesrat beraten wird, soll die Krankenkassen um 3,5 Milliarden entlasten. Zugleich soll den Krankenkassen verboten werden, bis Ende Dezember 2003 ihre Beiträge zu erhöhen.

Eine Sprecherin des Verbandes der Angestellten-Krankenkassen verwies darauf, dass den prognostizierten Erleichterungen Ausfälle von etwa 1,4 Milliarden Euro durch die Arbeitsmarktreform entgegenstehen. „Ich wage nicht zu sagen, ob es zu einer Steigerung der Beitragssätze um 0,3 oder 0,4 Prozent kommen wird“, sagte die Sprecherin der taz. Sie rechne aber damit, dass viele Krankenkassen aufgrund ihrer finanziellen Situation gezwungen würden, ihre Beiträge anzuheben.

Die Bundesgesundheitsministerin räumte unterdessen ein, sie werde an einem Beitragsstopp nicht festhalten, wenn eine Krankenkasse ihre Rücklagen aufgebraucht hätte. „Ich werde keine Krankenkasse zwingen, Kredite aufzunehmen, dann müssen aus den Beiträgen ja auch noch Zinsen finanziert werden.“ Für das kommende Jahr erwartet die Ministerin allerdings eine Trendwende. Es gebe „gute Chancen“, dass die Einnahmen und Ausgaben der Kassen im Herbst 2003 ausgeglichen seien, so ihre Prognose.

Eine positive Zwischenbilanz zog Schmidt hinsichtlich der Riester-Rente. Die unter Exarbeitsminister Walter Riester beschlossene kapitalgedeckte Altersvorsorge soll auf freiwilliger Basis im Alter die Einkünfte aus der gesetzlichen Rente ergänzen. Die Riester’sche Rentenreform sei „eine der wichtigsten politischen Entscheidungen seit 1957“, sagte Schmidt. „Wir haben das Rentensystem zukunftsfähig gemacht.“ Bis zum Jahresende, so schätzt die Versicherungswirtschaft, werde es rund vier Millionen abgeschlossene Riester-Verträge geben. „Das stimmt mich zuversichtlich“, so Schmidt. Zufrieden sei sie jedoch erst, wenn alle Arbeitnehmer die Angebote auch nutzten. Sie verband dies mit dem Aufruf, beim Vertragsabschluss nicht zu zögern. Nur wer vor dem Jahreswechsel noch einen Vorsorgevertrag unterzeichne, könne mit der vollen Förderung für das Jahr 2002 rechnen. S. VON OPPEN

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen