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Weltspitze sind nur die Kickerinnen

Bereits 1894, sechs Jahre vor Gründung des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), versuchten sich in den USA einige Baseballmoguln an der Etablierung des Profifußballs, um mit dem Einwanderersport ihre Stadien besser auszulasten. Die American League of Professional Football Clubs (ALPFC) ging jedoch nach drei Wochen Pleite.

In den Zwanzigerjahren konkurrierten an der Ostküste gleich mehrere Ligen um Spieler und Zuschauer. Die größte war die American Soccer League (ASL), die auch für europäische Spitzenspieler attraktiv war. So blieb 1926 der Ungar Béla Guttmann (als Trainer später zweimaliger Europapokalsieger mit Benfica Lissabon) nach einer Freundschaftsspielreise des jüdischen Clubs Hakoah Wien in den USA. Dort schloss er sich den New York Giants an.

Organisatorische Streitereien mit dem amerikanischen Dachverband sowie die Weltwirtschaftskrise brachten Anfang der Dreißigerjahre das Aus für die ASL. In den Jahrzehnten danach fand Spitzenfußball in den USA nur in Freundschaftsspielen europäischer und südamerikanischer Vereine statt. Erst 1967 wollte die North American Soccer League (NASL) den Sport erneut landesweit einführen. Aber erst die Verpflichtung Pelés durch Cosmos New York 1975 löste einen Soccerboom aus und zog zahlreiche andere Weltstars nach Amerika.

In der Folge schnürten unter anderem Franz Beckenbauer, Johan Cruyff, Gerd Müller, George Best und Eusebio ihre Fußballstiefel in den USA. Nach wenigen Jahren brachen die Zuschauerzahlen und TV-Quoten ein, Klubs mussten den Spielbetrieb einstellen. 1985 kam das endgültige Aus.

Die Fußball-WM 1994 bekamen die USA unter der Bedingung, eine Profiliga aufzubauen. Doch erst zwei Jahre später ging die Major League Soccer (MLS) an den Start. Sie setzt deutlich weniger auf ausländische Altstars. Der mexikanische Torhüter Jorge Campos, der Ruud-Gullit-Lookalike Carlos Valderama und Fußballopa Lothar Matthäus mit seinem Gastspiel bei den New York/New Jersey MetroStars sind die Ausnahme.

Stattdessen versucht man, die Spieler der US-Nationalmannschaft in der MLS zu halten. Kickern wie Eric Wynalda, Alexi Lalas, Landon Donovan oder Claudio Reyna soll auf diese Weise eine Alternative zum europäischen Klubfußball geboten werden.

Die 2001 gegründete Profifrauenliga Women’s United Soccer Association (WUSA) hingegen übt auf den Rest der Frauenfußballwelt einen Reiz aus, der mit dem Enthusiasmus für die amerikanische Basketball- und Eishockeyliga vergleichbar ist: Wer ein Star werden will, muss dort spielen.

Dass deutscher Frauenfußball gegen den US-Spielbetrieb bestenfalls Halbamateurismus darstellt, machte es auch Nationalspielerin Steffi Jones leicht, zu den Washington Wizards zu wechseln und für ein Jahresgehalt von bescheidenen sechzigtausend Dollar an der Seite der legendären Mia Hamm gegen den Ball zu treten.

Die beste deutsche Stürmerin, Birgit Prinz, spielt bei Carolina Courage und wurde mit diesem Team auf Anhieb Meister. Trotz respektabler Zuschauerzahlen in den Stadien ist das Schicksal sowohl der WUSA als auch der MLS angesichts mangelnder TV-Resonanz derzeit ungewiss. MAO

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