standbild: Pfadfinder? Synthetik!
„Scout“ (Do., 0.15 Uhr, ZDF)
Wer jung ist, ob an Lebensjahren oder im Geist, muss lange warten auf die Aufmerksamkeit des ZDF. So ziemlich alles, was Menschen diesseits der 50 ansprechen soll, wird erst nachts versendet. Am Donnerstag liefen zur Primetime „André Rieu – Walzertraum“ und später die „Johannes B. Kerner Show“. Dort war Rolf Schimpf zu Gast. Der spielt den „Alten“.
Die Sendung „Scout“, die dann folgte, zeigt schon durch die Moderatorin an, dass sie 14- bis 29-jährige Spätaufbleiber ansprechen soll. Anastasia moderiert nämlich. Und die kommt von MTV. Nur: Sie ist überflüssig. Denn eigentlich will „Scout“ interessante Menschen porträtieren. Für Anastasia bleiben nur kurze Kommentare zwischen den Filmchen.
Auch sonst hat „Scout“ ein Problem mit der Simulation von Natürlichkeit. So trägt die Schauspielerin Nicolette Krebitz auf dem Rundgang durch ihr hippes Berlin-Mitte (das „kleine Dorf mitten in der großen Stadt“) permanent ein Ahornblatt durch die Gegend. Weil das supersüß ist. Und der „Konstrukteur, Designer und Philosoph“, also das „Multitalent“ Axel Thallemer muss sich beim Aufsagen seiner architekturphilosophischen Thesen ständig mit ausgestrecktem Arm an Säulen oder Bäume lehnen.
Bevor „Scout“ sich von einem Hamburger Koch ein „leckeres Dessert zaubern“ lässt, wird noch der Sänger Patrice besucht, der offenbar die „sonnigste Musik Deutschlands“ macht. Sein Schema ist, wie er selbst sagt, „keins zu haben“. – Das Schema von „Scout“ ist eher die Affirmation.
Vom „look and feel“ her, wie Marketingexperten wohl sagen würden, erinnert „Scout“ an „Polylux“ von der ARD. Da ist es konsequent, dass die Rubrik „Der Fachmann“ sich mit einem Thema beschäftigt, das auch aus der glücklicherweise eingestellten Zeit-Kolumne von „Polylux“-Moderatorin Tita von Hardenberg stammen könnte: Wo findet man in Berlin den nettesten Ort zum Händewaschen? Weil das eine ziemlich spießige Frage ist, wird sie natürlich – noch spießiger – mit beißender Halbironie beantwortet. Das ZDF könnte „Scout“ also eigentlich auch früher platzieren. Letztlich spricht es eben nicht mal jung gebliebene Alte an. Allenfalls alte Junge. HEIKO DILK
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