: Truppe für Karsai
Fehlende Sicherheit ist der größte Bremsklotz beim Aufbau Afghanistans. Eine nationale Streitmacht soll diesen jetzt aus dem Weg räumen
BONN rtr/dpa ■ Es war die letzte Trumpfkarte, um auf der Afghanistan-Konferenz am Bonner Petersberg nach vielen Worten doch noch Taten erkennen zu lassen: Der afghanische Präsident Hamid Karsai verkündete die Bildung einer nationalen Streitmacht. 70.000 Soldaten soll die Armee umfassen, der Karsai als Oberbefehlshaber vorstehen wird. Mit der geplanten Entwaffnung und dem Verbot aller militärischen Gruppen außerhalb der Nationalarmee soll nun auch ein Ziel umgesetzt werden, das bereits im letzten Jahr auf dem Petersberg formuliert worden war.
Derzeit wird die nationale Armee auf rund 1.500 Mann geschätzt. Daneben stehen bis zu 30.000 Soldaten in privaten Milizen und unter dem Kommando regionaler Anführer, die nicht alle loyal zur Regierung Karsai sind. Daher ist die Autorität der Regierung außerhalb Kabuls begrenzt, wie durch anhaltende Kämpfe in der Provinz immer wieder unterstrichen wird. Am Sonntag waren bei Kämpfen im Westen des Landes erneut 13 Menschen ums Leben gekommen.
Angesichts der Sicherheitsprobleme hatten Karsai und andere Redner bei der eintägigen Konferenz Fortschritte in diesem Bereich als entscheidenden Faktor für den Wiederaufbau bezeichnet. Bundesaußenminister Joschka Fischer und sein britischer Kollege Jack Straw begrüßten die Entscheidung über den Aufbau der afghanischen Armee.
Eine Fachtagung mit afghanischen und internationalen Experten legte der Konferenz eine Empfehlung für eine demokratische Verfassung vor, die auch islamische Werte und Traditionen der Stammesgesellschaft einbezieht. Besonders müsse der Zugang der Frauen zum politischen und wirtschaftlichen Leben sowie die Pressefreiheit gesichert werden. Unter den Afghanen selbst gab es aber heftigen Streit, inwieweit das islamische Recht, die Scharia, in der Verfassung verankert werden soll. Bis Ende des nächsten Jahres soll die Verfassung von der Großen Ratsversammlung (Loja Dschirga) ratifiziert werden. Als weitere Aufgaben bis zu den geplanten freien Wahlen im Jahr 2004 nannte Karsai auch einen entschlossenen Kampf gegen den Drogenanbau und Korruption.
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