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Verwendbare Details

Iraks Bericht enthält Hinweise auf Rüstungshilfe aus Europa. Die USA könnten das für sich nutzen

aus Genf ANDREAS ZUMACH

„Genau, vollständig und umfassend“ – so lauten die Anforderungen der Resolution 1441 des UNO-Sicherheitsrates an den Bericht der irakischen Regierung über verbotene Waffen und Rüstungsprogramme, der am Sonntagabend im New Yorker UNO-Hauptquartier eintraf. Von „umfassend“ kann bei 11.807 Seiten plus CD-ROMs mit 529 Megabites Daten sicher die Rede sein. Ob der Bericht auch „vollständig“ und „genau“ ist, lässt sich nach Einschätzung von UNO-Diplomaten – wenn überhaupt – frühestens in einigen Wochen feststellen. Wahrscheinlicher ist allerdings, dass die Frage, ob der Bericht diese beiden Anforderungen erfüllt, schon allein aus politischen Gründen immer umstritten bleiben wird. Und die Behauptung, die Anforderungen seien nicht erfüllt, wird möglicherweise eine wesentliche Rolle spielen bei der Entscheidung über einen Krieg.

Bagdad bleibt in dem Bericht nach Angaben des für die Zusammenstellung und die Endredaktion verantwortlichen Generals Hussam Muhammad Amin bei der bisherigen Linie: Seit Abzug der letzten UNO-Waffeninspektektionskommission (Unscom) im Dezember 1998 gibt es im Irak „weder atomare, chemische und biologische Massenvernichtungswaffen noch ballistische Raketen“. Auch betreibe Irak seit 1998 „keine aktiven“ Rüstungsprogramme für derartige Waffen mehr, wird nach Angaben irakischer UNO-Diplomaten gegenüber der taz in dem Bericht festgestellt. Allerdings enthalte der Bericht „die vollständige Auflistung“ der Altbestände biologischer und chemischer Waffen sowie von Grundsubstanzen für derartige Waffen, die von der Unscom vor Dezmber 1998 zwar noch registriert, aber nicht mehr zerstört wurden. Laut Bericht befinden sich diese Altbestände unverändert an den Orten, an denen die Unscom sie seinerzeit aufgespürt hatte. Dazu gehören die Senfgasbehälter, auf die die Inspektoren der Unscom-Nachfolgeorganisation Unmovik letzte Woche gestoßen waren. Darüber hinaus listet der Bericht sämtliche chemischen und biologischen Anlagen, Maschinen und Materialien auf, die nach Darstellung der Regierung zwar ausschließlich zivilen Zwecken dienen, zumindest theoretisch aber auch für die Herstellung von Massenvernichtungswaffen verwendbar sind. Diese so genannte „Dual Use“-Kapazität gilt zum Beispiel grundsätzlich für alle Chemiefabriken – nicht nur im Irak, sondern weltweit. Deshalb werden auch die Chemiefabriken in allen 170 Staaten, die dem internationalen C-Waffen-Verbotsabkommen beigetreten sind, regelmäßig von internationalen Inspektoren kontrolliert.

Betreibt Irak ein „aktives“ Rüstungsprogramm im Bereich der ihm von der UNO verbotenen Waffen oder nicht? An dieser Frage dürfte spätestens in einigen Wochen der Streit um den Bericht beginnen. Und sind etwa Baupläne für atomare Waffen, die der Bericht laut der Bild am Sonntag nach Aussagen eines UNO-Waffeninspekteurs enthalten soll, nicht der Beweis für von Bagdad dementierte „aktive“ Rüstungsprogramme? Oder wurde hier lediglich das Wissen dokumentiert, das Mitarbeiter früherer Rüstungsprogramme auch nach der Zerstörung des früheren A-Waffen-Programms durch die Unscom nicht vergessen haben? Die USA und die anderen vier offiziell anerkannten Atomwaffenmächte Russland, Großbritannien, Frankreich und China wollen zunächst einmal verhindern, dass die zehn nichtständigen Mitglieder des Rates etwaige Baupläne für atomare und andere Massenvernichtungswaffen zu Gesicht bekommen. Deshalb soll Unmovik-Chef Hans Blix in den nächsten Tagen eine um alle entsprechenden Passagen bereinigte Fassung des Berichtes für die nichtständigen Ratsmitglieder herstellen.

Frühestens nächste Woche wird der Bericht nach Einschätzung von UNO-Diplomaten dem Sicherheitsrat vorgelegt werden. Die USA wollen, dass der Bericht in einer ersten Runde nur an die fünf ständigen Mitglieder geht, in der er sich verlässlicher vor der Öffentlichkeit abschirmen lässt, als wenn er gleich an alle 15 Ratsmitglieder weitergegeben würde. Denn der Bericht enthält eine Liste von Firmen, die seit Dezember 1998 sowie in der Zeit zuvor Know-how, Technologie, Bauteile und Grundstoffe für irakische Rüstungsprogramme geliefert oder zumindest angeboten haben. Unter den Firmen befinden sich nach Erkenntnissen der UNO auch US-Unternehmen sowie deutsche und andere europäische Firmen. Nach taz-Informationen erfolgte zumindest ein Teil der Angebote und Lieferungen deutscher Firmen mit Wissen, Duldung oder gar Förderung der Bundesregierung. Die Bush-Administration möchte sich die Option offen halten, die Firmenliste aus dem Bericht zu streichen, bevor er an die zehn nichtständigen Ratsmitglieder weitergegeben wird. Dann könnte Washington das Wissen um verbotenes Handeln deutscher und anderer europäischer Firmen in den nächsten Monaten als Druckmittel einsetzen, um die Unterstützung heute noch zurückhaltender Regierungen für einen Irakkrieg zu gewinnen.

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