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Künstler dürfen alles, Kunsträuber nicht

Erste Strafen für Gemälderaub im Brücke-Museum: Fünfeinhalb Jahre für Bilderdieb und Bewährungsstrafe für Hehler

Der Bosnier F., 44 Jahre alt und Maschinenschlosser, brauchte dringend Geld und hoffte auf ein paar tausend Euro. So beginnen viele Verbrechen. Also schnitt er am 20. April frühmorgens ein Loch in einen Dahlemer Maschendrahtzaun, stieg durch ein Fenster und nahm drei Bilder von der Wand. Doch welche Wand das war, und was er sich da unter den Arm klemmte, hat F. angeblich nicht gewusst. So lautet zumindest seine Version. Und hier wird es höchst ungewöhnlich, oder besser: spektakulär.

Mit seinem Geständnis hat nämlich gestern ein besonderer Prozess vor der 37. Großen Strafkammer des Landgerichts begonnen. Noch bis Januar wird es in Saal 700 um einen der größten deutschen Kunstraube gehen. An jenem Aprilmorgen setzten mindestens drei Täter mit Bauschaum und Pappkartons die Alarmanlage des Berliner Brücke-Museums außer Gefecht. Sie stahlen in wenigen Minuten neun bedeutende expressionistische Werke der Maler Erich Heckel, Emil Nolde, Ernst Ludwig Kirchner und Max Pechstein. Gesamtwert: 3,66 Millionen Euro. Die Ölgemälde stellten die Ermittler vier Wochen nach der Tat sicher, Pechsteins Werk „Junges Mädchen“ war zerschnitten.

Er habe das Haus für eine Privatvilla gehalten, ließ Dieb F. durch seinen Anwalt erklären. „Erst nach der Tat wurde mir klar, welchen Stellenwert das Brücke-Museum hat.“ Wer das Bild beschädigt habe, wisse er nicht. Noch am gestrigen Nachmittag befand ihn das Gericht des schweren Bandendiebstahls schuldig und fällte ein deutliches Urteil: Die Richterin verhängte eine Haftstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten.

Mit ihm saßen drei mutmaßliche Komplizen auf der Anklagebank. Auch der 36-jährige B. legte schon am ersten Verhandlungstag ein Geständnis ab. Er erhielt eine zweijährige Bewährungsstrafe wegen Hehlerei. Wie der in Jugoslawien geborene Deutsche aussagte, sollte er 20.000 Euro für seine Mittlerrolle beim Verkauf der Bilder bekommen. Nachdem ein Interessent, angeblich ein Millionär aus Frankfurt, abgesprungen sei, habe er einen weiteren Käufer vermittelt. Um das Geschäft einzuleiten, habe er Polaroid-Fotos der Gemälde übergeben.

Der kuriose Kunstraub ist aber noch lange nicht aufgeklärt. Unklar ist, welche Rolle zwei weitere Angeklagte spielen. Die beiden Jugoslawen im Alter von 24 und 28 Jahren haben gestern die Aussage verweigert. Bei dem Jüngeren hatte die Polizei die Bilder gefunden. Der Ältere soll ebenfalls an dem Einbruch beteiligt gewesen sein. Der Prozess wird kommende Woche fortgesetzt.

Ein zweiter Einbruch hatte den Kunstraub-Ermittlern den entscheidenden Hinweis geliefert. Zwei der jetzt Angeklagten knackten kurz nach dem Museum ein Optikergeschäft in Wedding. Die Polizei ertappte sie auf frischer Tat – mit dem gleichen Werkzeug. Ein absurdes Detail des Falls ist, dass bei dem Brillenbruch auch ein dritter Mann dabei war. Die Ermittler ließen ihn frei, weil damals kein Zusammenhang zwischen beiden Fällen feststand und er einen festen Wohnsitz hatte. Bei ihm laufen laut Staatsanwältin aber auch die Kontakte des Blitzraubs im Brücke-Museum zusammen. Was also noch fehlt: der mutmaßliche Bandenchef. ULRICH SCHULTE

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