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Massaker bestätigt

Elfenbeinküste: Armee übernimmt Verantwortung für Massaker mit 120 Toten. Tathergang weiter umstritten

BERLIN taz ■ Vier Tage nach der Entdeckung eines Massengrabs im Westen der Elfenbeinküste scheint klar zu sein, dass Regierungstruppen für die Toten verantwortlich sind – was genau geschah, bleibt jedoch umstritten. Französische Truppen hatten am Donnerstag aufgrund von Hinweisen aus der Bevölkerung im Ort Moloko-Zohi die Entdeckung eines 30 Meter langen und zwei Meter hohen Erdhügels gemeldet, aus dem Leichenteile ragten.

Zunächst hatte Armeesprecher Yao Yao jegliche Verantwortung von sich gewiesen: „Diese Tötungen können nur den Angreifern zugeschrieben werden, deren Methoden allseits bekannt sind“, sagte er am Freitag. Moloko-Zohi befände sich auf der Rebellenseite der von französischen Truppen überwachten Waffenstillstandslinie, meinte er. Als immer mehr Einzelheiten bekannt wurden, gestand Yao allerdings am Samstag, die Regierungsseite sei doch verantwortlich: „Die Opfer waren Rebellen, die im Kampf getötet wurden. Die haben dann die Leichen gesammelt und sie begraben.“

Inzwischen hatten Journalisten bei der lokalen Bevölkerung recherchiert, was passiert war. Moloko-Zohi wurde demnach am 27. November, als der Waffenstillstand zwischen Regierung und Rebellen zusammenbrach, von Regierungssoldaten besetzt. Sechs gekennzeichnete Armeelastwagen seien eingerückt und Soldaten in Regierungsuniform seien von Haus zu Haus gegangen, zum Teil mit Namenslisten. Sie hätten männliche Bewohner abgeführt und erschossen. Zwei Tage lang dauerte das Töten. Ortsbewohner wurden am 29. November gezwungen, die Opfer – vor allem aus Burkina Faso, Mali und Niger – zu verscharren. Erst am nächsten Tag seien Einheiten der Rebellenorganisation MPCI (Patriotische Bewegung der Elfenbeinküste), die die Nordhälfte des Landes beherrscht, wieder eingerückt und hätten die Toten entdeckt.

Die Rebellen veröffentlichten am Wochenende eine Landkarte, der zufolge Moloko-Zohi hinter einem Vorposten der Regierungstruppen liegt. Der Ort ist jetzt unter französischer Kontrolle. In diesem Teil der Elfenbeinküste leben besonders viele westafrikanische Einwanderer, die auf Kakaoplantagen arbeiten. Hier ist das Vorgehen der Regierungstruppen besonders brutal, wie die Kämpfe gegen zwei neue Rebellengruppen in der Region in den letzten zwei Wochen zeigten. Mindestens 150 Leichen von Zivilisten wurden seit der Rückeroberung der Stadt Man durch die Regierung vorletzte Woche geborgen, berichteten gestern gegenüber der Nachrichtenagentur AFP Quellen des Roten Kreuzes, die von Straßen voller Leichen sprachen. Man ist bis heute für die Außenwelt gesperrt. Die Rebellen sind nach dem Verlust der Stadt an anderer Stelle vorgerückt, was weitere blutige Kämpfe erwarten lässt.

DOMINIC JOHNSON

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