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Das Zweite Deutsche Fernsehen ist Geschichte

Mit historischen Dokus will sich das ZDF modernisieren. Für die nicht ganz so Behutsamen gibt es ab 2003 „Bravo TV“

BERLIN taz ■ Von Geschichte war gestern viel die Rede beim ersten gemeinsamen Auftritt der ZDF-Granden in Berlin: Ausgerechnet in der tiefsten Krise der Mediengeschichte fährt das ZDF die „beste Bilanz“ (Intendant Markus Schächter) seit fünf Jahren ein. Quotenmäßig zumindest.

Mit den Finanzen hapert’s dagegen, schließlich ist die Werbung weggebrochen. Ein ausgeglichener „Sparhaushalt“ sorgt 2003 dennoch für beachtliche 385 Millionen Euro, die das ZDF in die notleidende TV-Produktionsbranche stecken will.

„Markenfernsehen“ ist ein Lieblingswort von Schächter, und eine seiner Marke will das ZDF vor allem Ausbauen: Dokumentationen. Rund 450 im Jahr zeigt das ZDF schon heute und sorgt so für „Qualität und Quote“. Im kommenden Jahr wird der Dienstags-Termin um 20.15 Uhr zum Dokuschauplatz, an den Nachmittagen soll unter der Woche eine weitere Doku-Schiene Alternativen zu den Gerichts- und Talkformaten der Konkurrenz bieten. Schwerpunkt dieser Doku-Offensive, mit der das ZDF seine „behutsame Modernisierung“ fortsetzen will, sind zeithistorische Themen.

Denn „durch Geschichte wird das ZDF jung“, sagt Chefredakteur Nikolaus Brender – die Werke von Knopp und Co. sorgten für gesteigertes Interesse gerade beim heftig umworbenen jüngeren Publikum. Die x-te Neuauflage von „Hitlers Hemden“ bleibt dem Zuschauer aber erspart: „Irgendwann sind auch die Themen des Dritten Reiches endlich“, heißt das in der Formulierung des ZDF, das stolz auf seine „hegemoniale Kompetenz gemeinsam mit der britischen BBC“ (Schächter) in Sachen Geschichte verweist. Nicht allerdings Guido „Mr. History“ Knopp allein darf das neue Feld beackern, eine eigene Projektredaktion soll neben Knopps Redaktion Zeitgeschichte neue Formate entwickeln.

Der neue Programmchef Thomas Bellut, bislang für die Innenpolitik zuständig und bei der viel diskutierten Wahl für diesen Posten besonders der Union lieb und teuer, schickt als erste Amtshandlung zwei jugenddaffine Programme ins Rennen: Barbara Schöneberger, im lokalen Privatfernsehen entdeckt, bekommt ein „kesses, freches, flottes“ Talkformat. Und das ZDF erbt „Bravo TV“ von RTL 2.

Überhaupt die Öffentlich-Rechtlichen: Sie durchlebten dank umfänglicher Krisen der privaten TV-Anbieter eine regelrechte „Renaissance“, freut sich Schächter, um wenig später zur argumentativen Vorbereitung der nächsten Gebührenerhöhung zu schreiten. Schon jetzt habe das ZDF eine „die Qualität tangierende Wiederholungsquote“, so der Intendant. Und die „werden wir um weitere zwei bis drei Prozent erhöhen müssen“, der wirtschaftlichen Lage wegen.

Doch zu viel Medienpolitik sollte gestern auch nicht sein: Zur vergurkten Intendantenkür im Frühjahr und der in von den Staatskanzleien zu Erfurt und München durchgedrückten Programmdirektoren-Entscheidung nebulösierte Schächter über ein „schwieriges Jahr“ mit „Ereignissen, die ich nicht eigens erwähnen muss“. Nur zur CSU-Forderung, den Chefredakteur wegen angeblich tendenziöser Wahlberichterstattung zu entlassen, gab es klare Worte: Die Gremien hätten sich hinter Brender gestellt, „an dieser Ecke ist die Diskussion beendet“, so Schächter. Die anderen blieben im Dunkel. STEFFEN GRIMBERG

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