: Nur die CDU bleibt angefixt
Im Parlament widersetzt sich allein die CDU den vom Senat beschlossenen Druckräumen für Heroinabhängige – „bar jeder Kenntnis“, kritisieren die Grünen
Sie hätten sich gerne ein wenig in der eigens angesetzten Parlamentsdebatte gefeiert, die Fraktionen von SPD und PDS, weil es endlich, fast zehn Jahre nach anderen Städten, so genannte Druckräume geben soll. Grünen-Fraktionsvize Volker Ratzmann rückte die Dinge aber etwas zurecht: „Fest stand die Sozialdemokratie auf der drogenpolitischen Bremse.“ Den Grünen und engagierten Initiativen sei der Erfolg zu verdanken: „Wir haben Sie getrieben, wir haben Sie mürbe gemacht.“ Den Nutzen der vier Druckräume, in denen Abhängige ab Frühjahr saubere Spritzen und Notfallhilfe bei einer Überdosis finden, bestritt gestern im Abgeordnetenhaus nur die CDU.
Dass Frank Henkel, neuer innenpolitischer Sprecher der Unionsfraktion, aus den Druckräumen „Fixerstuben“ machte, war dabei nicht einmal CDU-typisch – so sprach auch PDS-Drogenpolitikerin Minka Dott. Henkel befürchtete jedoch als Einziger am Mikro, dass die Räume zusätzlich Abhängige anziehen und sich im Umfeld „aggressive Dealerszenen“ bilden würden. „Fixerstuben sind kein neuer Weg, sondern ein veraltetes Konzept“, sagte Henkel, der überhaupt keine offene Drogenzene erkennen mochte. „Gehen Sie doch mal in die Stadt“, rief ihm darauf der PDS-Abgeordnete Freke Over zu. Ratzmann nannte Henkels Rede „bar jeder Kenntnis“.
Gesundheitssenatorin Heidi Knake-Werner (PDS) hatte die CDU-Sicht schon vorher gegenüber Journalisten als „Quatsch“ bezeichnet: „Die Räume sind dort, wo die Szene ist – da wird keine neue geschaffen.“ Das Umfeld werde entlastet: Spritzen würden nicht länger in Hausfluren oder Sandkästen landen, Abhängige nicht mehr in Fahrstühlen liegen. Zudem seien die Druckräume wichtiger Baustein, aber nur Teil eines Konzeptes, mit dem sie „noch viel stärker“ als bislang auf Prävention setze.
Eine für die Druckräume notwendige Rechtsverordnung hatte der Senat am Dienstag beschlossen. Als zwei feste Standorte nannte Knake-Werner gestern das Kottbusser Tor in Kreuberg und die Turmstraße in Tiergarten, jeweils in Kooperation mit vorhandenen Beratungsstellen. Am Kottbusser Tor ist das laut Drogenhilfekoordinator Wolfgang Nitze das „Ska“ des Odak e. V. in der Dresdener Straße, für die Turmstraßenszene soll der Verein BOA in der parallelen Zwinglistraße zuständig sein.
Als mobiler Druckraum soll laut Knake-Werner ein Bus, betreut vom Fixpunkt e. V., zwischen zwei weiteren Standorte pendeln: der Jebensstraße am Bahnhof Zoo und, vor allem als Angebot für den nahen Straßenstrich, der Else-Lasker-Schüler-Straße zwischen Nollendorfplatz und Kurfürstenstraße. Uwe Klüppel, Sprecher einer Initiative für Druckräume, kündigte Veranstaltungen an, um bei Anwohnern Befürchtungen abzubauen. STEFAN ALBERTI
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