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Schierlingsbecher für Bacchus

Ökologischer Weinbau macht viel Arbeit, besonders in rauhen Regionen wie Deutschland. Der Aufwand legt es nahe, auf Qualität zu setzen. Mechanische Bodenbearbeitung statt Giftspritze

von GERNOT KNÖDLER

Ein ökologischer Weinberg ist eine lebendige Angelegenheit: Zwischen den Rebstöcken wachsen Wicken, Klee und Erbsen, die den Boden mit Stickstoff anreichern. Die Blüten von Malven und Phacelia locken nützliche Insekten an. Raubmilben und Schlupfwespen halten die Reben von Feinden frei. Dazwischen werkelt der Winzer mit Schere und Hacke, um mit Arbeitskraft das zu leisten, was im konventionellen Weinbau oft genug die chemische Keule erledigt. Je größer der Ehrgeiz eines konventionellen Winzers ist, desto eher wird er sich jedoch an den Anbaumethoden seiner Öko-Kollegen orientieren.

„Ein Winzer, der guten Wein haben will, muss gute Laubarbeit machen, damit Luft und Sonne an die Trauben kommt“, sagt zum Beispiel Elisabeth Wittmann vom gleichnamigen Öko-Weingut in Rheinhessen. Für Öko-Winzer ist gute Laubarbeit immer Pflicht. Denn das Auslichten der Rebstöcke lässt feuchte Reben schneller trocknen und macht sie weniger anfällig gegen Pilze und Fäulnis. Vernachlässigt der Öko-Winzer seine Rebstöcke, hat er im Gegensatz zu seinem konventionell arbeitenden Kollegen nur wenige Möglichkeiten, Pilzen und Bakterien Einhalt zu gebieten. Auf der riesigen Palette an Pflanzenschutzmitteln muss er sich auf Kupfer, Schwefel und Steinmehl beschränken.

„Kupfersalze sind bei falschem Mehltau fast das Einzige, was hilft“, sagt Christiane Brauns vom Naturland Fachverband Wein, der mit dem Verband deutscher Prädikatsweingüter (VDP) zusammenarbeitet. Ihren Einsatz beschränkt die Öko-Verordnung der EU auf acht Kilogramm pro Hektar, ab 2006 auf sechs Kilo. Naturland schreibt als Anbauverband des ökologischen Landbaus eine Höchstgrenze von drei Kilo vor. „Da kann sich nichts anreichern“, sagt Brauns. Das hätten Studien belegt.

Ähnlich liegen die Dinge beim Dünger. „Über das Begrünungs-Management kann man das Düngen komplett vermeiden“, versichert Brauns. Und wenn Dünger doch einmal hinzugekauft werden müsse, dann komme nur Organisches, in der Regel Mist, aus ökologischem Anbau in Frage.

Winzer, die den Ehrgeiz haben, sehr gute Weine zu erzeugen, gehen ohnehin sparsam mit Dünger um. Sie brauchen ihn nicht, weil sie der Qualität den Vorzug vor der Masse geben und deshalb viele Reben früh vom Stock schneiden, um die Qualität der verbleibenden zu steigern. „Bei wenig Düngung kriegt man mehr Mineralität in den Wein“, sagt Wittmann. Das gebe jedem Wein einen eigenen Charakter, so „dass man bei Weinen von verschiedenen Standorten den Unterschied schmeckt“. Ihre jungen Weine, behauptet die Winzerin, könne sie blind nach Lagen sortieren.

Düngung zur Unzeit lasse den Wein ins Kraut schießen, sagt Brauns. Die Pflanzen werden auf Kosten ihrer Widerstandskraft größer, was wiederum den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln nötig macht. Um den zu vermeiden, bauen einige deutsche Öko-Winzer inzwischen überdies Rebsorten wie Regent (rot) oder Johanniter (weiß) an, die Pilzen besonders gut widerstehen können. Ihre Kollegen aus warmen, trockenen Regionen wie dem Languedoc haben damit weniger Probleme. Sie können es sich leisten, Öko-Wein mit geringerem Aufwand zu erzeugen und große Mengen billig anzubieten.

Der Öko-Wein-Tipp von „Pinot Gris“ ( www.pinotgris.de ): 2001 Costières de Nîmes AOC (rot), Domaine Moulin Piot/Rhônetal, 5.45 Euro; 1998 Rioja DO „Bagordi“ Crianza (rot), Bodegas Bagordi/Rioja, 11.95 Euro.

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