Autosprit aus der Schnapsfabrik

Brennereien könnten künftig Biodiesel aus Rapsöl produzieren. Monopolentzug droht

BERLIN taz ■ „Pack die Sonne in den Tank“, lautet der Werbespruch der Biodiesel Bokel GmbH. An der Hauptstraße des beschaulichen Heidedorfes südlich von Uelzen steht seit Anfang August eine Tanksäule, aus der umweltfreundlicher Diesel strömt. 69,9 Cent kostet der Liter, immerhin rund 10 Cent billiger als herkömmlicher Diesel aus Mineralöl.

Neun Landwirte gründeten die Gesellschaft Biodiesel Bokel GmbH. Sie sind seit 1969 in der örtlichen Kornbrennerei verbunden. Damals hatte das deutsche Branntweinmonopol geradezu eingeladen, eine Brennerei aufzubauen: Der Staat garantierte einen Abnahmepreis, der deutlich über dem Weltmarktpreis lag, im vergangenen Jahr etwa das 4,5-fache.

Doch mittlerweile versucht Mario Monti, Wettbewerbskommissar der EU, das Monopol zu kippen. Keine rosigen Aussichten für die landwirtschaftlichen Brennereien. „Gewinnen wird derjenige Schnapsbrenner, der heute schon überlegt, was zu tun ist, wenn das Monopol tatsächlich abgeschafft werden sollte“, sagt Diplomingenieur Joachim Kohrt von der Firma Energie + Konzept. Die Hamburger haben die Kornbrennerei in Bokel zu der Biodieselanlage umgerüstet.

Der Umbau war nicht aufwändig, da Schnaps und Biodiesel ähnlich produziert werden. Die alte Anlage mit der Destille als Herzstück blieb erhalten, neu sind die Verrohrung, ein Rührwerk, der Phasentrenner, das Chemielager und die Computersteuerung. Zudem war ein kleines Labor zur Qualitätskontrolle einzurichten. Auch ein Abfüllplatz für die Tanklastzüge und sechs unterirdische Tanks kamen dazu.

„Wir haben zusammen etwa eine Million Euro in den Umbau investiert“, sagt Joachim von der Ohe, Geschäftsführer der Biodiesel Bokel. Damit hat die GmbH nur etwa 40 Prozent dessen gezahlt, was eine neue Biodieselanlage dieser Größenordnung gekostet hätte.

Dieses Modell scheint insbesondere deshalb klug zu sein, weil ebenfalls die EU fordert, dass jeder Mitgliedsstaat fünf Prozent seiner Kraftstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen produzieren soll. Die Bundesregierung sucht diese Marke zu erreichen, indem sie Biodiesel bis 2009 von der Steuer befreit hat. Seither ist Ökodiesel deutlich billiger als fossiler.

Das „Rohöl“ wächst auf den Rapsfeldern der Region, gepresst wird es im nahe gelegenen Wittingen. Die Bokeler GmbH verestert das Rapsöl zu Biodiesel, der so weit getrocknet und veredelt wird, bis er von allen dafür zugelassenen Pkw und Lkw getankt werden kann. Momentan sind die freien Tankstellen in der Region der interessanteste Abnehmer. Ziel ist es, regionale Spediteure und Busunternehmer als Abnehmer zu gewinnen. Die höchste Gewinnspanne, allerdings bei spärlichem Umsatz, streicht die GmbH an der eigene Tankstelle vor der Haustür ein.

HANS WILLE